Dr. H. Thora de: Gezeiten Untersuchungen in der Deutscheu Bucht der Nordsee.
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der zweite Summand enthält die Summe aller Ablenkungskräfte in dieser Schicht; der erste Ausdruck
rechts bedeutet die vom Spiegelgefälle ausgeübte Kraft, der zweite die auf die Wassersäule von der Höhe
z ausgeübte Reibung. Die Gleichungen vertreten also die Meinung, daß für eine Wasserschicht nur die
an ihrer Oberfläche wirksame Reibung in Betracht kommt. In der Tat: denkt man sich eine ausgedehnte
Wassermenge zwischen zwei wagerechten Ebenen, so müssen sich alle Reibungskräfte in ihrem Innern
in ihrer Wirkung auf die Bewegungsgröße der ganzen Wassermenge ausgleichen, da jede Schicht die
benachbarte ebenso stark bremst, wie sie von ihr beschleunigt wird, und von allen wirksamen Reibungs
kräften bleiben nur diejenigen an der oberen und an der unteren Grenze übrig; die Differenz dieser
beiden ist es, die für die Änderung der Bewegungsgröße der ganzen Masse in Frage kommt. Im obigen
Falle ist der in 32 m Tiefe angenommene Boden als untere Grenze, und die Reibung an dieser Grenze
= 0 gewählt; dieser Ansatz erscheint gesichert durch die erwähnten Abhandlungen von S o 1 b e r g und
von Pr a nd 11 und Tollmien.
Die Schwierigkeit bestand darin, die Komponenten G x , G v des Gefälles abzuschätzen; hierzu mußten
die Pegelablesungen des 19. VI. an Land die hauptsächliche Grundlage liefern. Sie wurden ausgedrückt
durch die Formel 2 £ = 2 A cos (ot — x) = 2 £' cos ot + 2 sin ot, und es wurde einmal eine Karte der
Hubhöhen und Flutstunden, 2A und x, bezogen auf den Meridiandurchgang des Mondes in Greenwich,
entworfen: Taf. 4, Nr. 75. Als Kontrolle wurde eine zweite Karte gleicher 2£' und 2£" gezeichnet:
Tai. 4, Nr. 76. Letztere stellt beiläufig, einer vorzugsweise von R. Sterneck gebrauchten Auffas
sung folgend, die Tagtide des 19. VI. als eine Interferenz zweier um 90° oder 6 Tidestunden gegen ein
ander verschobener stehender Wellen dar, deren Hubhöhen durch 2c, und 2f 2 gegeben werden. Für
den Ort des „Panther“ ist nach der ersten Karte (in cm) 2£ = 271 cos (ot — 282°), oder 2;, — + 56,
2£" = — 265; nach der zweiten wird 2f' = + 110, 2f" = — 245; oder 2£ — 269 cos (ot — 294°); der Unter
schied ist also in seiner Wirkung auf Amplitude und Phase nicht so groß, wie man glauben könnte. Die
Lotungen des „Panther“ lieferten übrigens rund 270 cos (ot 286°). Das Mittel aus beiden Bestimmun
gen ist 2;' = + 83, 2f" = — 255, und 2£ = 268 cos (ot — 288°). Damit ergaben sich leicht die Unter
schiede der c, und c,. zwischen dem Orte des „Panther“ und den Pegeln in
Norderney
2Af' s= — 52 cm
2Af" = + 22 cm
10 5 • 2A£' :e = —1.65
10 5 • 2Af" : e = + 0.70
Wangeroog
— 155 cm
+ 9 cm
— 2.99
+ 0.17
Borkum
— 9 cm
—15 cm
— 0.16
— 0.27
Helgoland
— 75 cm
— 2 cm
— 1.70
— 0.04
Die beiden letzten Zeilen enthalten den Quotienten aus den Unterschieden 2Af', 2A+ und der jeweiligen
Entfernung, und man beachte, daß schon hier die relative Genauigkeit durch Differenzbildung stark be
einträchtigt ist; aus ihnen sind die wirklichen Gra
dienten zu ermitteln nach folgendem Verfahren: In
Abb. 15 stelle AD — G einen Gradienten nach Rich
tung und Größe dar. Ein Beobachter sei nicht in der
Lage, ihn zu messen, sondern er möge nur die Höhen
unterschiede des Wasserspiegels in den Richtungen
AM und AN feststellen, so würde er aus diesen
durch Division mit der Entfernung nicht den wirk
lichen Gradienten AD, sondern nur seine Kompo
nenten AB = G cos ö und AC = G cos e in Richtung
AM und AN berechnen. Man kann aber rückwärts
den wahren Gradienten ermitteln, wenn man die
gefundenen 10' • Af : e in den gegebenen Richtungen auf trägt und in ihren Endpunkten Lote errichtet;
deren Schnittpunkt ergibt alsdann die Spitze des Vektors G. Diese Konstruktion ist für die vier