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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte
46. ßd. Nr. 3.
Die Integrale auf der linken Seite, sowie die Differentialquotienten der u', u", v', v" nach z auf der
rechten Seite sind bekannt. Unbekannt sind die Reibungskoeffizienten r,, v : „ v 10 , v.,„, v. L in den Tiefen
von 1 m, 5 m, 10 m, 20 m, 31 m, und die Gefällskomponenten G x ', G x ', G ' G y ”, zusammen 9 Unbe
kannte, für die 20 Gleichungen (26) zur Verfügung stehen; es sind jetzt fast alle Voraussetzungen über
Reibung und. Nullstrom gefallen und statt dessen Unbekannte eingesetzt. Die etwas langwierige Aus
gleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate ergab:
G x = 10-3 (_ g.94 ± o.37)
G/ = 10-3 (+ 3.06 ± 0.45)
G v ' = 10-3 (— 3.98 ± 0.76)
G y ” = 10-3 (—1.80 ± 0.49)
j-, = — 193 ± 96
v5 = — 139 ± 105
= —- 64 ± 95
r= — 35 + 86
v n —— 44 + 77.
Für sämtliche „Reibungskoeffizienten“ kamen also negative Werte heraus, während die für die Gradien
ten erhaltenen Zahlen vielleicht annehmbar erscheinen konnten! Die Reibung hätte also nicht Energie
verbraucht, sondern solche zugeführt. Der Widerspruch ist so offenbar, daß man gezwungen ist, die
Voraussetzungen nochmals daraufhin zu prüfen, ob unter ihnen eine nicht ganz stichhaltig sein könnte;
und hier kann es sich kaum mehr um etwas anderes handeln, als die Anschauung aufzugeben, daß die
Reibung zu den gleichzeitigen Geschwindigkeitsunterschieden proportional ist, da die anderen Glieder
der Gleichung wohlbegründet sind.
4. Der nächste Schritt könnte darin bestehen, die Reibung den Quadraten der Geschwindigkeits
unterschiede proportional zu setzen, wie dies Proudman und Doodson in der oben erwähnten Ar
beit getan haben. Aber dann bleiben die Glieder der Gleichung nicht rein harmonisch, sondern die
Quadrate und Produkte der cos ot und sin ot treten unter einem Wurzelzeichen auf. Man kann die
Gleichungen dann nicht mehr allgemein befriedigen, sondern man muß für jede Gezeitenstunde die
Reibung neu berechnen. Es erschien im vorliegenden Falle, wo nur Strombeobachtungen von einem
Punkte zur Verfügung stehen, aussichtsvoller, das Gefälle abzuschätzen und die Reibung einfach aus
der Differenz zwischen der wirklich vorhandenen Beschleunigung und den beschleunigenden Kräften zu
errechnen. Die Form der Gleichungen nötigt zu dem Ansätze für die Komponenten der Reibung:
r x = R x cos at + R x " sin at — R x cos (tft — .
r v = R v ' cos at + R v " sin at = R v cos (ot — /,)) '
Dann gehen die Gleichungen (26) über in:
/< ft
a | u dz— 2 ei j v ’dz - G x z +R X
0 O
■/. V.
a j u dz — 2(o J v dz = G x z +R X
0 0
'/. 7.
a | v' dz + 2(o | u' dz = G v ”z +R y "
b 0
Z X
a | v' dz + 2(o j udz G v z + R v
(28)
Um die Berechtigung und den Gültigkeitsbereich dieser Gleichungen zu übersehen, vergegen
wärtige man sich noch einmal die Bedeutung der einzelnen Glieder. Das erste Glied links stellt den
Zuwachs der Bewegungsgröße für die untersten Wasserschichten bis zur Höhe z über dem Boden dar;