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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 45. Bd. Heft 3.
3. In dem stellenweise bis 22 km hoch reichenden Schnitt durch den atlantischen Luftozean zwischen
55° Nord und 35° Süd wehten nördliche Winde vorwiegend über den nördlichen Breiten, südliche vor
wiegend über den Südbreiten; doch ist die Verteilung unregelmäßig wechselnd. Im März überwogen im
Atlantischen Luftmeer die südlichen, im Juni die nördlichen Winde in allen Höhen.
4. Windstillen (0—4mps Windgeschwindigkeit) befinden sich über dem tropischen Teil des Ozeans
vorwiegend in 1 bis 4 km Höhe, wo sie etwa 30 bis 50% der Winde ausmachen; sie reichen im äquatorialen
Teil bis zur Meeresoberfläche herab und bilden hier mit dem äquatorialen Stillengebiet einen zusam
menhängenden, nach außen hin in Ruhe befindlichen, also ziemlich stationären Luftkörper.
Auch in der Höhe bis 20 km und darüber treffen wir Stillengebiete an. Sie liegen im allgemeinen
(zu etwa 90%) zwischen Winden, die aus verschiedenen Quadranten wehen, eingebettet.
5. Stürmische Winde mit 20 m ps kamen überall, in unregelmäßiger Verteilung und aus allen Rich
tungen vor, insbesondere auch in der unter Nr. 2 beschriebenen beweglichen äquatorialen hohen West
windtrift.
6. Die Verschiebung der Luftmassen an der Grenze zwischen Nord- und Südhalbkugel und von der
einen Erdlufthalbschale zur andern scheint sich weniger durch direkte Lufttransporte zu vollziehen, als
dadurch, daß sich die Scheidewand, d. h. der mehr oder weniger hoch hinaufragende Stillenkörper, zwi
schen Nord- und Südpassatkörper meridional verschiebt; daneben werden unabhängig davon Transporte
von der einen Seite nach der anderen 18 ) nur in größerer Höhe, über 5 km oder sogar erheblich höher, vor
handen sein, wo sie dann naturgemäß die mehrfachen Geschwindigkeiten haben müssen, um gleiche
Mengen zu fördern und die Kompensation zu erzielen.
Diese Anschauung und Annahme stimmt auch mit dem letzten Teil unseres Satzes 3 überein, da
im Juli die Scheidewand nordwärts wandert, also südliche Winde überall vorherrschen müssen, was in
der Tat der Fall war; für März, wo die Scheidewand unter normalen Wetterverhältnissen auch schon
sich nordwärts zu bewegen beginnt, stimmen unsere Beobachtungen nicht so gut mit jener Annahme
überein, doch liegt das wohl daran, daß im März 1924 ausnahmsweise noch Winter im Nordatlantik war
(vgl. die Wetterkarten vom März, Abb. 2—4).
Eine Stütze finden die vorstehenden Anschauungen auch darin, daß die tropischen Wirbelstürme
niemals die Scheidewand durchbrechen.
7. In den Passatgebieten treffen wir in großen Höhen annähernd gleich oft auf nordwestliche
Winde (den Hergesell’schen Nordwest über dem Nordostpassatgebiet), auf südwestliche (den soge
nannten Antipassat) oder auf Winde aus östlichen Richtungen, den Oberpassat, je nach Ort, Jahreszeit
und Wetterlage, wie im einzelnen durch weitere Beobachtungen festzulegen ist.
8. Die Winde in den Tropen wehen in der Höhe nicht annähernd so regelmäßig wie in den
untersten Schichten, wo sie die ständigsten auf der ganzen Erde sind; unmittelbar darüber liegen, hierzu
im Gegensatz, vielleicht mit die unbeständigsten, nach Zeit und Ort wechselndsten, auf der ganzen Erde.
Aus der wechselnden Windrichtung mit und in der Höhe ergibt sich, wie schwierig es hier ist,
im Interesse z. B. des Luftverkehrs oder der Wettervorhersagen, für einen bestimmten Ort die Wind
drehung mit der Höhe anzugeben, wenn man keine Beobachtungen oder Anhaltspunkte aus den Nach
bargebieten hat.
9. Wie die beobachteten Windströmungen über dem Atlantik mit dem Aufbau der Luftmassen, der
allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre 19 ) und den heutigen Anschauungen darüber, mit den Urströmen,
Urpassaten und Konvektions-Strömungen und deren Herden, den atmosphärischen Wellen und ihrer
18 ) Dr. Korselt läßt diese Trage der Lufttransporte zwischen den beiden Lufthemisphären, vgl. Meteorologische
Zeitschrift 1926, S. 371, offen. Es genügt in. E. eine Verschiebung der Scheidewand anzunehmen; nach einer Strö
mung braucht man dann gar nicht zu suchen, um die Luftmassenverschiebungen für die Nord- und Südbalb-
kugel zu erklären.
19 ) Vgl. Defant, Meteorol. Zedtschr. 1926 S. 121.