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Aus dom Archiv der Deutschen Seewarte. — 1923. Nr. 2.
Für den Beobachtungsort des „Poseidon“ wurde der Reststrom als mittlere unperiodische Wasser
versetzung während einer Poppeltide fortlaufend für jede halbe Mondstunde der ganzen Beobachtungs
zeit ermittelt. Soweit ein Vergleich mit den von Ekman durchgerechneten Idealfällen möglich ist, stehen
die Ergebnisse von Theorie und Beobachtung in guter qualitativer Übereinstimmung.
Auf den beiden Außenstationen bei Sylt, vor dem Bister Tief und in der Einfahrt zum Vortrapp Tief,
ähnelt das Bild des Gezeitenstromes noch sehr demjenigen auf der offenen See; auch hier Übergang
zwischen Drehstrom und alternierendem Strom und Eichtungsänderang entgegen dem Uhrzeigersinne.
Ein vollständiges geographisch abgerundetes Bild der Gezeitenströme in dem verzweigten Priel
system hinter S3 7 lt hat sich infolge der mannigfachen Beeinträchtigung der Beobachtungen durch die
Witterung und durch technische Störungen nicht gewannen lassen; jedoch werden die erhaltenen An
gaben für die Praxis wertvoll sein. Bei zukünftigen Beobachtungen im Wattengebiet sollten m. E.
längere gleichzeitige Beobachtungen an verschiedenen Punkten angestrebt werden. Bei der außer
ordentlich wechselvollen Bodengestaltung wird es meistens mißlich sein, kurze, sozusagen stichproben
artige Beobachtungsreihen an „Basisstationen“ anzuschließen.
In den Prielen hinter Sylt besteht alternierender Strom, etwa wie in Tideflußläufen. Bei der Breite
und Geräumigkeit der nördlichen Priele war hier ein solcher Befund, wenigstens für die oberen Wasser
schichten, in dieser Ausprägung nicht ohne weiteres zu erwarten. Auch die Kenterzeiten des Stromes
hinter Sylt zeigen in ihrer Lage zum Hoch- und Niedrigwasser im ganzen das Verhältnis, das für Tide
flüsse als die Regel gilt: der Abstand zwischen den Kenterzeiten und dem Hoch- bezw. Niedrigwasser
nimmt, wenigstens imHoyerTief, prielaufwärts ab, die Dauer des Ebbstromes nimmt zu. — Der Flutstrom
ist durchweg stärker als der Ebbstrom; ganz besonders ist das an den Stationen südlich des Watten
rückens der Fall. Dies steht mit der mehrfach mitgeteilten Beobachtung im Einklang, daß bei Hochwasser
eine südnordwärts gerichtete Strömung hinter den Inseln des nordfriesischen Wattenmeeres vorhanden
ist. — Die Stromrosen bei Tonne Lister Ley und Tonne Pander Tief deuten unverkennbar die Wechsel
wirkung zwischen der Richtung des Tidenstromes und dem Verlauf der wichtigsten Nordsüd-Rinne
im Sylter Watt (Lister Tief—Lister Ley—Wester Ley—Hörnum Tief) an.