Prof. Dr. Gr. Schott und Dr. B. Schulz: Die Forschungsreise S. M. S. „Möwe“ im Jahre 1911. A. Ozeanographie.
Kap. I. Meeresoberfläche.
§ 2.
Arbeitsmethode bei den Oberflächenbeobachtungen.
Die Beobachtungen über die Temperatur, den Salzgehalt und die Farbe des Oberflächenwassers
wurden jeden Tag zweimal, im allgemeinen 8h V. und 4h N. (wahre Ortszeit) angestellt, und zwar auch
während der Aufenthalte in den Häfen, von Ferrol und Cadiz abgesehen. Das Oberflächenwasser wurde
mittelst Schlagpütze von der Back aus geschöpft. Anfangs erfolgte die Bestimmung des Salzgehaltes vor
wiegend nur indirekt nach sorgfältigen Araeometerbeobachtungen, deren Ergebnisse sich durch zeitweise
entnommene und später auf der Seewarte titrierte Wasserproben kontrollieren ließen, und zwar konnte
eine durchschnittliche Korrektion von —0.25 %o an die araeometrisch ermittelten Salzgehalte ange
bracht werden, um eine freilich nicht überall befriedigende Übereinstimmung mit den Titrationen zu
erzielen; in der Tabelle der Oberflächenbeobachtungen (S. 17 ff) ist diese Korrektion schon eingerechnet.
Während des späteren Verlaufes der Reise wurden fast jeden Tag zwei kleine Wasserproben für spätere
Titrierung zurückgestellt. Die Wasserfarbe bestimmte man in der üblichen Weise an der Hand der
F o r e l’schen Farbenskala.
Die Angaben über die Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit in der Tab. S. 17 ff. beruhen ausschließ
lich auf den Ablesungen am Aßmann’schen Aspirationspsychrometer, verdienen also volles Vertrauen;
das Instrument wurde jeweils zu luvard auf der Back aufgehängt. Der Regenmesser war an Backbord
am Brückengeländer fest angebracht.
Eine besondere Erörterung verdienen die Angaben über den Oberflächen ström. Neben
den sorgfältig aufgemachten Stromversetzungen, wie sie aus der Differenz des astronomischen und
gegißten Schiffsortes sich ergeben und im allgemeinen nach je 24 Stunden im meteorologischen Tage
buch verzeichnet sind (s. Tabelle S. 11), wurde auf vielen Lotstationen, solang das Schiff still lag,
versucht, den Oberflächenstrom durch die Entfernung eines treibenden Gegenstandes nach der Kimm
winkel-Methode zu bestimmen. Das Kommando „Möwe“ äußert sich hierzu wie folgt:
„Eine leere Holzkiste wurde von dem mit Maschinenkraft auf der Stelle gehaltenen Schiffe von
dem Zeitpunkte der Überbordgabe an in regelmäßigen Zeitabschnitten gepeilt und ihre Entfernung nach
der Kimmwinkelmethode bestimmt. Ein Anhalt für das Halten des Schiffes auf der Stelle ist der senk
recht stehende Lotdraht. Zweckmäßig wird die Beobachtung dann ausgeführt, wenn viel Lotdraht zu
Wasser ist, also möglichst in der Zeit der Grundberührung des Lotes. Mit guter Genauigkeit läßt sich
die Entfernung eines solchen Peilobjektes bei ca. 10 m Augeshöhe bis 500 m bestimmen. Eine Kiste,
deren Wände sich nur wenig über die Wasseroberfläche erheben, kann dem Winde kaum eine An
griffsfläche bieten, so daß das Vertreiben des Peilobjektes durch den Wind das Ergebnis der Strom
beobachtungen kaum wesentlich verfälschen kann.
Die graphische Darstellung der erhaltenen Peilungen und der dazu gehörigen Entfernungen (s.
Fig. 4) ergibt oft eine unregelmäßige Linie, die um so unregelmäßiger ist, je mehr das Schiff während
der Beobachtung infolge des Windes und des Seeganges vertrieben ist und durch Maschinenkraft wieder
in seine richtige Lage zum Lotdraht zurückgeholt werden mußte. Je stärker der Strom und je weniger