Prof. Dr. G. Schott und Dr. B Schulz: Die Forschungsreise S. M. S. „Möwe“ im Jahre 1911. A. Ozeanographie. 5
Um den erkrankten Kommandanten auszuscliiffen, ging das Schiff am 12. Sept. 8 h 20 Vm mit dem
belgischen Lotsen Nielsen den Kongo aufwärts nach Boma. Die Sande im Kongo ändern stetig und
die vorhandenen Seekarten entsprechen daher nicht den augenblicklichen Verhältnissen. Den unge
fähren Verlauf des zur Zeit benutzten Fahrwassers zeigt die beigefügte kleine Karte (Fig. 3). Das Fahr
wasser ist durch schwarze und rote Faßtonnen gemarkt. Die schwarzen Bojen sind von stromaufwärts
fahrenden Schiffen an B-B., die roten an St-B. zu lassen. Es kommt nach Angabe des Lotsen des öfteren
vor, daß die Bojen vom Strome abgedreht oder auch vertrieben werden. Die Lotsen haben für derartige
Fälle besondere Marken. Die engste Stelle im Fahrwasser liegt zwischen der Südspitze von Bird Island
und Fetish Rock. Die Tiefe betrug hier 20,6 Fuß. Diese Rinne wird dauernd durch einen Bagger freige
halten, der gleichzeitig bei Hoch- und Niedrigwasscr Pegelablesungen macht. Gelotet wird mit einem
Schlepplot, das sich, nach Angabe des Lotsen, gut bewährt, da im unteren Kongo wenig Steine liegen.
Bis Kissanga hatte das Schiff etwa 3—3,5 Sm Strom gegenan. Im flachen Wasser nahm der Strom ab
und wurde vor Boma wieder stärker. Kleinere Wirbel machten sich beim Steuern oft unangenehm be
merkbar. Um 5 h 33 Nm ankerte das Schiff vor Boma. 1 )
Am 23. September 1911 ward der Kongo wieder verlassen und der letzte, achte, Reiseabschnitt be
gonnen, nunmehr unter dem stellvertretenden Kommando des I. Offiziers; Swakopmund wurde am 3.
Oktober erreicht. Die wissenschaftlichen Arbeiten bezogen sich gemäß den gestellten Aufgaben in
meereskundlicher Hinsicht auf Tiefseelotungen eben nördlich und südlich vom 20. Breitenparallel, wo
die Angliederung des Walfischrückens an das afrikanische Festland im einzelnen erkundet wurde (s.
Fig. 7, S. 30), ferner in Reihenmessungen der Tiefentemperaturen und Salzgehalte auf der Höhe von Loanda
unter rund 9° bis 10° S-Br. quer zur Küste — Loa n daschnitt —, desgleichen unter rund 22° bis
23° S-Br. ebenfalls quer zur Küste — Swakopmundschnitt —, sodaß in Verbindung mit dem schon
nördlich des Kongo ausgearbeiteten Loangoschnitt drei Querschnitte durch den Benguelastroin nunmehr
gewonnen sind (Fig. 2). Zugleich gestattet die Kombinierung der Stationen 33, 40, 53 bis 57 einen Längs-
') Das von „Möwe“ 1911 benutzte Fahrwasser konnte Ende Mai 1913 in derselben Weise — bis auf eine kleine
Änderung in der Nähe der Monro Tnsel — von S. M. S. „Panther“ benutzt werden. Vergl. hierzu den Eeisebericht des
Kommandos in den „Annalen der Hydrographie“ 1914, S. 112 ff.