Dip geschichtliche Entwicklung der Polhöhenbestimmungen bni den älteren Völkern.
13
woraus ganz wie bei der Berechnung der Abendweite für chord (2 BZ) = 2 x = 70 P 32'. . d. i. 2 BZ
= 2? = 72°T, also» =30° als annähernde Breite für Rhodos folgt 1 ). (Der „Connaissance des
Temps“ von 1824 zufolge hat Rhodns [llafcndannn] 3(1° 20' 53" n. Br.)
Noch viele andere Fragen über die schiefe Sphäre und ihre Konsequenzen für die Tagesdauer, den
Sonnenstand und die Schattenverhältnisse am Gnomon behandelt Ptolemaeus besonders im zweiten
Buche des Almagest auf ähnliche Art, ohne jedoch für unsere Frage etwas Neues und Bemerkenswertes
zu bieten. Anders ist dies auf dem Gebiete der Kartographie, deren weitere Verfolgung aber nicht
mehr in den Rahmen unserer Abhandlung gehört, und da mit Ptolemaeus die letzten selbständigen
wissenschaftlichen Taten eines Griechen vor uns liegen, so sind wir mit der Würdigung des griechischen
Zeitalters zu Ende gekommen.
Drittes Kapitel.
Die trigonometrische Polliöhenliestimmuiig der Inder.
Audi bei den Hindus scheint der Gebrauch des Sonnenzeigers in altersgraue Vorzeit hinaufzureichen.
Gewisse Umstände lassen darauf schließen, daß sie seine Kenntnis, wenn nicht von den Chinesen, so von den
Chaldäern erhielten, da ihn die Braminen genau so handhaben wie die letzteren 3 ). Andererseits hat
J. B. Biot 3 ) dargetan, dafs die „Nakshatrns“ oder Mondhäuschen der Hindus nichts anderes sind als die
28 Sterneinteilungen (divisions stellaires) der Chinesen. Er sagt darauf wörtlich: „Cela m’avait fait
soupçonner que toute cette science astronomique, dont les Bralunes disent être en possession depuis des
millions d'années, pourrait bien n’être ni si ancienne, ni si purement indienne, qu'on l'avait cru sur leur
parole . . , ws ) Außer Zweifel steht ferner der hellenistische Einfluß auf die Entwicklung der indischen
Astronomie, besonders seit dem Erobcrungsztige Alexanders des Großen. Aber die wesentlich geo
metrischen Methoden gestalteten die hervorragend rechnerisch begabten Inder in durchaus
origineller Weise um, an Stelle der Konstruktion in den Orthogonalprojektionen der Plimmeiskugel die
Proportion setzend, die ihnen geläufig war 1 ). Daher spielten die ähnlichen Dreiecke bei ihnen eine
Hauptrolle. Wenn dies einfache Mittel aber zur Lösung ihrer sphärisch-astronomischen Aufgaben aus
reichen sollte, so konnte es nur unter Benutzung der Projektion der Himmelskugel auf drei senkrecht
zueinander stehende Ebenen (Horizont, Meridian und Äquator) geschehen, ganz nach dem Vorgang der
Griechen. Für Aufgaben, in welchen die Polhöhe gesucht wird, kommt allein die Projektion auf die
Meridianebene in Betracht. Über den Gebrauch des Gnomons zur Erlangung der nötigen Daten läßt sich
die Geschichte der Astronomie von G. G. F. also vernehmen (S. 101): „Der Sonnenzeiger dient den
Braminen, den Mittagskreis (Meridian) und die Lage ihrer Pagoden zu bestimmen und ausfindig zu machen,
wieviel ein jeder Tag im Jahre außer den Nachtgleichen größer oder kleiner ist als der Tag der Nacht
gleichen. Sie stellen dabei ihre Beobachtungen bloß am Tage der Nachtgleichen an . . . Sic
suchen dahero den Tag, wo die Sonne 12 Zeichen oder kein Zeichen hat, und wenn sie dies berechnet
haben, machen sie eine Stelle auf dem Boden völlig wagrecht. Mitten darauf setzt man vermittels des
Lotes ein Lineal oder eine Stange von willkürlicher Länge, die aber von unten bis oben in 12 gleiche
Teile abgeteilt ist, die man angnlam (Zölle) nennt. Ein jeder Zoll bat wieder 00 Abteilungen, die man
Scheviangulam (zweyte Zölle) nennt. Man beobachtet darauf den kleinsten Schatten der Sonne und
mißt die Länge desselben nach der Skala des Sonnenzeigers ab...“ Zu bemerken ist hierzu, daß sie
dabei von der irrigen Ansicht ausgehen, die Tag- und Nachtgleiche finde stets beim Durchgang der Sonne
durch den Meridian des Ortes statt. Dieser Fehler entstellt unter Umständen das Resultat der Bc-
J ) Aus dem regelmäßigen Drei-, Vier-, Fünf-, Sechs- und Zelmeck ergeben sieh, wenn man deren Seiten im Radius
des eingeschriebenen Kreises ausdrückt, leicht folgende .Sehnen: chord 36° = 37r 4' 55"; chord 72°= 70p 32'3"; chord 150°
= 60i>; chord 90° = 84e 51' 10": eliord 120°^- 103p 55’ 23"; chord 144°= 114! 1 7' 37" usw.
-) Geschichte der Astronomie von C. G. F., 1792, Chemnitz (Hofmaim & Fiedler), 1. Bd., S. 190.
3 ) Biot, Etudes sur l’astronomie indienne, 1859, pag. I.
p H. Th. Colebrooke, Algebra with arithmetie and mesuration fran the Sanscrit of Brahmagupta and Bhaskara
translated, 1817, Cap. II, seet. IV.