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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1907, Nr. 1.
wenn man die zu verschiedenen Jahreszeiten von Rangun, dem bedeutendsten Hafen, angetretenen Reisen
miteinander vergleicht. Es wurde nämlich die mittlere Reisedauer von Rangun nach Lizard im NO-Monsun
zu 121 Tagen, in den Übergangsmonaten zu 125 Tagen, im SW-Monsun zu 137 Tagen gefunden, was
einen Unterschied von 4 oder 16 Tagen ausmacht. Die mittlere Reisedauer derselben Schiffe betrug vom
Hafen bis zur Linie im NO-Monsun 14, in den Übergangsmonaten 19, im SW-Monsun 26 Tage, was einen
Unterschied von 5 oder 12 Tagen ergibt. Es ist also im ersteren' Falle sogar 1 Tag wieder eingeholt worden
auf der Reise vom Äquator im Indischen Ozean bis nach Lizard, während im letzteren Falle drei Viertel
des Unterschiedes der mittleren Dauer der ganzen Reise schon auf die erste Strecke vom Hafen bis zum
Äquator im Indischen Ozean fällt. Auffällig muß es daher erscheinen, daß die von Bassein zur Zeit des
SW-Monsuns angetretenen Reisen eine kürzere mittlere Dauer erzielt haben als <lie zur Zeit der Übergangs
monate; wenn auch die Reisen vom Hafen bis zum Äquator im Mittel zur Zeit der Übergangsmonate um
1 Tag kürzer gemacht worden sind als zur Zeit des SW-Monsuns (21.9 gegen 23 Tage), so hat doch die
ganze Reise von Bassein bis Lizard um 1 Tage länger gedauert, wenn der Hafen zur Zeit der Übergangs
monate verlassen worden ist, als wenn die Schiffe zur Zeit des SW-Monsuns ausliefen. Dieser Unterschied
zugunsten der zur Zeit des SW-Monsuns ausgeführten Reisen dürfte teils auf das ungleichmäßig verteilte
Material, teils aber auch auf die Schiffe selbst zurückzuführen sein. Namentlich hat die größere Anzahl
von hölzernen Schiffen bei den zur Zeit des SW-Monsuns angetretenen Reisen einen großen Einfluß auf
die mittlere Reisedauer ausgeübt, da die hölzernen Schiffe — ihres reineren Schiffsbodens halber den
eisernen Schiffen an Schnelligkeit überlegen — die Reise im Mittel um 6 Tage schneller gemacht haben
als ehe- eisernen.
Bei den Reisen von Bangkok nach Lizard scheinen für die Strecke vom Hafen bis nach Java
Head die Windverhältnisse gleich zu sein, einerlei ob die Schiffe den Hafen zur Zeit des SW-Monsuns
oder zur Zeit der Übergangsmonate verlassen; wenigstens hatten die zur Berechnung der Mittelwerte
herangezogenen Schiffe im Durchschnitt ebenso lange Reise von Bangkok nach Java Head (29.6 Tage),
gleichviel, ob sie im SW-Monsun oder in den Übergangsmonaten den Hafen verlassen hatten. Der große
Unterschied in der mittleren Reisedauer zwischen den im SW-Monsun und in den Übergangsmonaten von
Bangkok segelnden Schiffen hat sich also erst auf der Strecke von Java Head bis Lizard gezeigt. Die?
verhältnismäßig lange mittlere Reisedauer der zur Zeit des NO-Monsuns von Bangkok angetretenen Reisen
kann wegen des geringen verfügbaren Materials nicht als maßgebend angesehen werden; außerdem hatten
die hierbei in Betracht kommenden Schiffe sämtlich die Reise im November angetreten, zu welcher Zeit
der NO-Monsun im Golf von Siam noch flau ist und auch die Windverhältnisse in der Java-See noch un
günstig sind, wodurch die Schiffe bis nach Java Head schon 31 Tage Reise hatten.
Neben den sehr raschen Reisen von „Euterpe“ mit 93 Tagen von Calcutta, „Luna“ mit 91 Tagen von
Rangun und „J. W. Gildemeister“ mit 99 Tilgen von Hongkong nach Lizard, weisen die Tabellen auch ziemlich
lange Reisen auf, wie 180 Tage von Akyab, 183 Tage von Bassein und 190 Tage von Rangun nach Lizard,
Die längste im Nautical Magazine 1 ) angeführte Reise von Rangun nach Queenstown dauerte 212 Tage.
27. Nach Celebes, Java sowie nach der West- und Südküste von Australien. Für die deutsche
Segelschiffahrt kommen in erster Linie die Häfen Australiens, an der Westküste Fromantlo, an der Süd -
küste Port Pirie, Port Adelaide und Melbourne, in Betracht. Nach Celebes werden nur noch vereinzelte
Reisen unternommen, und auch nach den Häfen an der Nordküste Javas ist der Verkehr nicht mehr von
Belang, seit die dortigen Ausfuhrartikel, Kaffee, Zucker und Tabak, fast ausschließlich mit Dampfern
befördert werden.
Der Reiseweg nach Java ist derselbe wie der nach Ostasien, wobei nach Batavia segelnde Schiffe
das ganze Jahr die Sundastraße, nach Samarang und Soerabaya beorderte Schiffe, je nach der Jahreszeit
die Sunda- oder Balistraße benutzen. Nach der West- und Südküste Australiens bestimmte Schiffe schlagen
den schon bei den Reisen nach der Ostküste von Australien angeführten Weg 2 ) ein, nur daß sic im
Indischen Ozean, der Lage ihres Bestimmungsortes entsprechend, in mehr oder weniger südlichen Breiten,
aber noch im Gebiete der vorherrschenden Westwinde, ihre Länge ablaufen. Auch nach diesen Küsten
strichen von Australien werden, ebenso wie nach der Ostküste von Australien sehr rasche Reisen gemacht,
1 ) Vergl. Nautical Magazine 1900, S. 675.
2 ) Vergl. oben S. 17.