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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1907, Nr. 1.
und Ostafrika segelnden Schiffe etwas mehr Ost mit an, wobei jedoch die nach der Küste von Ostafrika
bestimmten Schiffe darauf bedacht sind, ihren Kurs so zu setzen, daß sie nach 2 — 3° südlich von Kap
Agulhas passieren, um die Gegenströmung in der Nähe des Kaplnndes zu vermeiden; auch wehen in der
Nähe dieser Küste, namentlich in den Sommermonaten, häufig südöstliche Winde. Ist Kap Ägullias in
gehörigem Abstande umsegelt, so bleiben die Schiffe, nach Norden steuernd, zunächst immer noch in guter
Entfernung von der Küste, da längs dieser der Agulhasstrom mit bedeutender Geschwindigkeit nach SW
setzt, und halten erst dann mit nordwestlichen Kursen nach Land zu, wenn sie mindestens die Höhe ihres
Bestimmungsortes erreicht haben.
Auf die für die Ausreisen so ungünstige Agulhasströmung ist denn auch wohl zum größten Teil
die verhältnismäßig lange mittlere Reisedauer nach East London, Port Natal und Delagoa Bay zurück
zuführen. Denn nicht allein, daß die Schiffe dieses Stromes halber ihren Bestimmungsort auf einem großen
Umweg zu erreichen suchen müssen, werden sie von dem Strom auch manchmal noch, wenn sie unter
der Küste von flauen nördlichen Winden und Stillen betroffen werden, an ihrem Bestimmungsort vorbei
getrieben und gebrauchen dann oft Wochen, um das Verlorene wieder eiiizuholcn. Auf diese Weise ent
stehen dann häufig sehr lange Reisen, die nachteilig auf die Mittelwerte einwirken. Auffällig ist jedoch,
daß die Reisen nach Port Natal nach den in den Tabellen gefundenen Mittelwerten durchschnittlich länger
gedauert haben als die Reisen nach Delagoa Bay, obwohl die Wind- und Stromverhältnisse kaum un
günstiger für die nach Port Natal bestimmten Schiffe hegen dürften als für die nach Delagoa Bay. Es
muß deshalb der Grund für diesen Unterschied teils in der geringen Anzahl von Reisen, teils im Schiffs-
material selbst zu suchen sein.
Sehr rasche Reisen kommen auch nicht allzu häufig vor. Die schnellsten machten: „Bertha“ 51 Tage
von Lizard nach Kapstadt, '„Aphrodite“ 49 Tage nach Port Elisabeth, „Silla“ 58 Tage nach East London
und „Triton“ 58 Tage nach Delagoa Bay.
24. Ton dem Kaplande, von Ostafrika und den Inseln im eigentlichen Ozean wurden im letzten
Jahrzehnt nur noch vereinzelte Reisen unternommen, von denen die Rückreise von „Seefahrt“, 50 Tage
von Kapstadt nach Lizard, die beste sein dürfte.
25. Nach Vorderindien, Ceylon, Hiuterindien und China. Ähnlich wie die Salpeterplätze Nord-
Chiles sind auch die Reishäfen Hinterindiens, Rangun, Bassein, Bangkok und Saigon, sehr wichtige für die
deutsche Segelschiffahrt in Betracht kommende Hafenplätze. Direkt von Europa aus werden zwar diese
Häfen, mit Ausnahme von Rangun, meistens nicht angelaufen, sondern die Schiffe bringen gewöhnlich eine
Ladung Kohlen zunächst nach Singapur und versegeln erst von liier aus, um Rückfracht nach Europa zu
bekommen, nach einem Reishafen. Der Verkehr mit Vorderindien und Ceylon ist dagegen kaum noch
nennenswert, wenn auch noch vereinzelte Reisen nach Colombo und Calcutta ausgeführt worden sind.
Auch nach China segehi nur noch wenige Schiffe, seitdem die kostbaren Teeladungen nur noch von
Dampfern befördert werden; es beschränkte sich der ganze Verkehr des letzten Jahrzehntes auf zehn Reisen,
die alle Hongkong als Endziel hatten.
Nach den Reishäfen — ausgenommen Bangkok, wohin von Europa direkt keine Reisen unternommen
worden sind — schlagen die Schiffe bis etwa 65° oder 70° O-Lg. im Indischen Ozean denselben Weg ein
wie die nach Yokohama bestimmten Schiffe. Von hier aus halten sie allmählich nördlicher nach dem
Passatgebiet, durchqueren dieses mit nahezu recht Nord-Kurs und steuern dann im nördlichen Sommer mit
dem herrschenden SW-Monsim ihrem Bestimmungsorte zu. Im nördlichen Winter dagegen, wenn nördlich
vom Äquator NO-Monsun wellt und zwischen diesem und dem SO-Passat der NW-Monsun vorherrscht,
müssen die Schiffe die letzte Strecke bis zum Hafen gegen den NO-Monsun aufkreuzen, wobei sie teils
die Route östlich, teils westlich von den Nikobaren und Andamanen wählen. Dieselbe Route wie nach
den Reishäfen schlagen auch die meisten der nach Singapur bestimmten Schiffe zur Zeit des NO-Monsuns
ein, nur daß sie, wenn Kap Atschin an der Nordwestspitze von Sumatra erreicht ist, in die Malakkastraße
einbiegen, um so von Norden aus den Hafen zu erreichen; in der anderen Jahreszeit wählen diese Schiffe
den Weg durch die Sundastraße. Hongkongfahrer nehmen denselben Weg wie die Schiffe nach Japan,
zur Zeit des SW-Monsuns durch die Sundastraße, zur Zeit des NO-Monsuns durch die östlichen Durch
fahrten und östlich von den Philippinen. Der Weg südlich von Australien kommt für die Reisen nach
Hongkong nicht in Betracht.