Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1902 No. 1
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Im Hinblick auf diese Arbeit von Archibald Smith und Evans hätte nun die Veröffentlichung der gegen
wärtigen Abhandlung wohl unterbleiben können (und es war dies auch anfänglich die Absicht des Verf.),
aber einerseits erschien es dem Verf. wünschenswerth, nachdem er einmal im Jahre 1897 das Problem in
Angriff genommen hatte und die betreffende Abhandlung mehrfach in Fachzeitschriften (ohne Erwähnung der
englischen Arbeit) besprochen worden war, nun auch seinerseits die Aufgabe in möglichst vollständiger
Weise zu erledigen und die frühere Arbeit zu ergänzen, andererseits dürfte die Art der Behandlung des
Problems und die völlige Allgemeinheit der Formeln immerhin einige Punkte von Interesse darbieten, die
es vielleicht nicht ungerechtfertigt erscheinen lassen, diese Untersuchung zu veröffentlichen, wenn auch das
Resultat nur das schon vor 40 Jahren von den englischen Forschern ausgesprochene bestätigt.
Den nächsten Anlass zu meiner erneuten Beschäftigung mit der Aufgabe bot, wie schon erwähnt, eine
Arbeit von Herrn Prof. Vital in Triest in der Zeitschrift: „Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens“
1899 S. 56—59,*) welcher zunächst eine kurze Besprechung gewidmet werden muss. In dieser Abhandlung
macht Herr Vital darauf aufmerksam, dass durch eine gewisse Anordnung der Kompassnadeln die sextan
tale und oktantale Deviation vermieden werden könne, jedoch lassen sich gegen die Behandlung der Auf
gabe, obwohl das Resultat richtig ist, manche Einwendungen und Bedenken geltend machen, welche im
nachfolgenden dargelegt werden sollen.
Herr Vital geht aus von Formeln, welche im Jahre 1888 Prof. A. Budinich im „Revista della marina
mercantile“ veröffentlicht hat, die aber dem Verf. d. nicht zugänglich gewesen sind. Nach diesen Formeln
bringt ein weicher Eisenstab, welcher nur unter dem Einflüsse des Erdmagnetismus steht, eine Deviation
von der Form:
P ( cos « sin («—u>) + P /( cos a sin (3 e—3 toi)
hervor, worin t das Azimut des Eisenstabes, w dasjenige der Kompassnadel bezeichnet, während P ( und P u
nicht näher definirte Koeffizienten sind. Aus dieser Definition von t und oi scheint hervorzugehen, dass für
einen mittschiffs nach vorn liegenden Eisenstab a = dem magnetischen Schiffskurs (£ in der ziemlich all
gemein üblichen Bezeichnung) und oi = der Deviation des Kompasses (sonst mit ö bezeichnet) a—o> also =
dem Kompasskurs des Schiffes (£' in der sonst üblichen Bezeichnung) ist.
Aus der obigen Formel entnimmt Herr Vital, dass ein nur unter dem Einflüsse des Erdmagnetismus
stehender Eisenstab ausser der (nicht weiter berücksichtigten) quadrantalen, eine sextantale und eine oktan
tale Deviation hervorbringe. Dies ist offenbar irrig, denn es ist
cos e sin (3 £— 3 w) — sin (2 e—3 oi) + sin (4 a — 3 oi)
ein solcher Eisenstab bringt demnach eine quadrantale und eine oktantale, aber keine sextantale Deviation
hervor. Wir müssen aber zunächst bei der von Vital gemachten Annahme stehen bleiben und sehen, wie
derselbe weiter verfährt.
Herr Vital betrachtet nun eine Kompassrose mit 4 parallelen Nadeln, deren Enden auf dem Umfange
eines Kreises liegen, und sagt dann weiter, dass es für die magnetische Wirkung gleichgültig sein müsse,
in welcher Weise man die Pole der Nadeln kombinire. Er sieht in Folge dessen den Nordpol der einen
Nadel und den Südpol der in gleichem Abstande auf der andern Seite des Hütchens gelegenen Nadel als
zu demselben Magnet gehörig an, oder mit anderen Worten, er ersetzt in Gedanken je 2 parallele Nadeln,
die auf verschiedenen Seiten des Hütchens liegen, durch zwei sich in der Mitte der Rose kreuzende Nadeln.
Die Winkel, welche die supponirten Nadeln mit der Nord-Süd-Linie der Rose bilden, setzt Herr Vital für
das eine Paar « = ±«, für das andere Paar o> = ±/3. Unter Weglassung des mit P i multiplizirten
Gliedes ist daher die hervorgebrachte Deviation proportional dem Ausdruck:
+ P /( cos s sin (3e—3a) -\-P u cos £ sin (3«-)-3a)
+P* cos £ sin (3f—3/3) +P Ü cos £ sin (3 6+3/3)
und zusammengefasst proportional:
+2 P„ cos a cos 3 et sin 3 £ +2P„ COS £ COS iß sin 3i
was wiederum zusammengezogen werden kann in:
3 3
+4P (J cos £ sin 3 £ cos («+/3) cos — (a—ß)
*) lieber eine neue Vertkeilung der Nadeln einer Kompassrose.