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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1902 Ko. 4 —
Damit die Ablesungen ohne Fehler geschehen, ist die Lupe so über die Noniustheilung zu bringen,
dass der koinzidirende Strich in der Mitte des Gesichtsfeldes ist. Zur Vermeidung der Parallaxe darf man
dabei nicht seitlich in die Lupe sehen; weshalb es anzurathen ist, das Auge möglichst nahe an das Okular
zu bringen. Es ist daher gut, wenn das Okularloch nicht zu gross gehalten wird, da dadurch ein seitliches
Sehen erschwert wird.*)
A x e.
Im Mittelpunkt der Kreistheilung ist am Sextantenkörper die Büchse für die Alhidadenaxe befestigt.
Die Axe wird bei Sextanten sowohl zylindrisch, als auch konisch hergestellt, und ist vollständig in die
Büchse eingelassen. Ihre Länge ist verschieden und schwankt zwischen 1 und 5 cm; auch der Durchmesser
variirt stark. Nach den Erfahrungen der Seewarte ist bei guter Ausführung der in Betracht kommenden
Theile kein Unterschied in der Art und Grösse zwischen zylindrischen und konischen Axen. Es wird jedoch
nicht immer die Axe und Büchse gut hergestellt, so dass verhältnissmässig häufig unsichere Axen auch bei
neuen oder noch nicht lange im Gebrauch befindlichen Apparaten Vorkommen. Die Ursache davon kann
sowohl daher rühren, dass der Zentrumszapfen nicht gut gedreht, als auch, dass die Axenführung mangel
haft ist. Es ist aber unbedingt nöthig, dass bei der Konstruktion auf diesen Punkt ganz besondere Sorg
falt verwendet wird. Auf den Einfluss, welchen eine unrichtig konstruirte Alhidade auf die Axe üben kann,
ist bereits schon oben hingewiesen worden.
Fällt die Dreliaxe nicht genau mit dem Mittelpunkt der Limbustheilung zusammen, so ist „Exzentrizi
tät“ vorhanden. Mit welch’ kleinen Grössen man es bei den kleinen Dimensionen der Sextanten zu tliun
hat, geht daraus hervor, dass bereits ein Fehler von 0.1 mm in der Zentrirung im Maximum schon einen
F’eliler in der Ablesung von 8' bis 4' hervorbringen kann. Daher erzeugen auch „kleine Verbiegungen“
durch Stösse oder dergleichen meist starke Exzentrizitätsfehler, wenn nicht noch auch andere starke Un
regelmässigkeiten hinzutreten. Es ist daher von grossem Vortheil, wenn die Axe, wie es vielfach geschieht,
durch eine eigene Hülse geschützt wird und so direkter Berührung weniger leicht zugänglich ist. Bei un-
gleichmässiger Abnutzung der Axe bezw. der Büchse entsteht ein ähnlicher Fehler, überdies aber noch ein
Schlottern der Axe in der Büchse, wodurch die Einstellungen an der gleichen Stelle der Theilung unsicher,
also die Beobachtungen ungenau werden. Zur Entfernung dieses Fehlers ist eine Ueberarheitung durch
einen Mechaniker nothwcndig, da überdies zu befürchten ist, dass der Fehler immer grösser wird und dann
in den Beobachtungen eine veränderliche Genauigkeit entsteht. Bei zu starken Verletzungen sollte das
Instrument überhaupt nicht mehr auf See Verwendung finden.
Grosser Spiegel.
Oberhalb des Zentrumzapfens der Alhidade befindet sich eine kreisförmige Platte, auf welcher der
„grosse Spiegel“ montirt ist. Derselbe ist ein hinten belegter Glasspiegel von etwa 40 bis 50 mm Breite
und 30mm Höhe. Es würde aber auch genügen, ihn nur halb so hoch zu nehmen, wie es auch bei
Prismenkreisen geschieht, da doch nur die an der belegten unteren Hälfte des kleinen Spiegels reflektirteu
Lichtstrahlen gebraucht werden. Der Spiegel soll vollkommen eben und seine Vorder- und Hinterfläche
einander parallel sein. Die Prüfung ist in dem Aufsatze von H. Eylert, „Der Sextant“, Seite 18—23,
genau beschrieben und wird in der gleichen Weise bei allen der Seewarte eingelieferten Sextanten ausge
führt. Spiegel, welche nicht eben sind, geben schlechte Bilder, mit verwaschenen Rändern, sollten also
nicht gebraucht werden, da sie nicht genau eingestellt werden können. Sind die Flächen nicht genau
parallel, so kann der Spiegel zu Höhenmessungen' bis zu Winkeln von 90° noch verwendet werden, wenn
die Vorder- und Hinterfläche des Spiegels um nicht mehr als 5" bis 6" gegen einander geneigt sind.
Grössere Winkel mit einem solchen Spiegel zu messen, ist schon deshalb nicht rathsam, weil dann gewöhn
*) Die Kreisablesung mit Nonien ist immer etwas mühsam und für das Auge anstrengend, besonders wenn die Nonien
eine längere Theilung mit sehr engen Intervallen haben; auch kommen leicht Irrthümer damit vor. Zur Beseitigung dieser
Mängel hat man bei feststehenden Instrumenten (Theodoliten) vielfach die sog. Schätzmikroskope eingeführt, welche ent
weder nur einen Faden oder auch eine kleine Skala besitzen, die das Ablesen äusserst leicht und sicher zu machen erlauben.
Es könnte sich daher vielleicht der Versuch lohnen bei Sextanten für Vermessungszwecke diese Art der Mikroskope zu
probiren. Vgl. darüber z. B. Reinhertz, „Ablesung am Schätzmikroskop“ und A. Fennel, „Fenneks neue Schätzmikroskop-
Theodolite,“ Zeitschrift für Vermessungswesen, Jahrgang XXXI, 1902, S. 213 — 217.