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Dr. J. B. Messerschmitt: Ergebnisse von Sextantenprüfungen an der Deutschen Seevvarte.
lieh das von der Vorderfläche reflektirte Bild stärker wird, als das von der hinteren Fläche des Spiegels
kommende Bild und dadurch eine neue Ungenauigkeit entsteht. Der auf die Messungen einwirkende Spiegel
faktor beträgt bei:
10° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 80° 90° 100° 110° 120°
0.050 0.116 0.207 0.326 0.480 0.683 0.954 1.323 1.840 2.598 3.784 5.809
Dieser, mit der Neigung der Spiegelflächen gegen einander in Bogensekunden multiplizirt, giebt den
Einfluss derselben auf die Winkelmessungen. Will man daher aus Winkelmessungen mit einem Sextanten
seine Exzentrizität berechnen, so ist zuerst der Einfluss eines solchen Spiegels von den Messungen abzu
ziehen. Dabei ist die Neigung positiv einzuführen, wenn das dünnere Ende, und negativ, wenn das dickere
Ende des Spiegels dem Gradbogen zugekehrt ist.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Einstellungen und Messungen eines Sextanten mit einem fehler
haften oder schlechten Spiegel darum ungenau werden, weil die Bilder der zu beobachtenden Gegenstände
infolge dieses Umstandes verschwommen erscheinen, da die beiden Bilder, das von der hinteren (belegten)
und das von der vorderen Fläche, reflektirt neben einander erscheinen und die Helligkeit des von der
hinteren Fläche reflektirten Lichts mit zunehmendem Winkel ab nimmt, während das von der vorderen
Fläche reflektirte Bild dann an Helligkeit zunimmt. Somit erscheint der lland der zu beleuchtenden Bilder
undeutlich, wodurch die Messungen um einen merklichen Betrag unsicher werden können. Auch lässt sich
nicht immer mit Sicherheit entscheiden, ob man das von der vorderen oder das von der hinteren Fläche
reflektirte Bild eingestellt hat.
Die Konstruktion guter Spiegel bietet heutzutage keine grosse Schwierigkeit, trotzdem finden sich noch
ziemlich häufig Instrumente mit fehlerhaften Spiegeln. Die Seewarte giebt neue Instrumente mit schlechten
Spiegeln ohne Zertifikate an den Fabrikanten zurück; bei älteren Instrumenten wird eine entsprechende
Bemerkung dem Zeugniss einverleibt und dem Besitzer eine Auswechslung angerathen; diesem Rath wird
auch häufig Folge geleistet.
Man könnte auch daran denken, den zerbrechlichen Glasspiegel durch einen festen Metallspiegel zu
ersetzen, bei welchem die Reflexion an der Vorderfläche direkt stattfindet. Bis jetzt aber leiden die dazu
brauchbaren Metalle und Metall-Legirungen *) an dem Uebelstand, dass sie zu wenig Widerstandskraft gegen
die atmosphärischen Einflüsse haben, weshalb eine Einführung in die Praxis nur für gewisse Zwecke, wie
bei astronomischen Spiegelteleskopen und dgl. möglich ist, nicht aber bei Instrumenten, wie Sextanten, die
viel zu sehr allen Unbilden der Witterung ausgesetzt sind.
Die Befestigung des grossen Spiegels auf der Alhidade wird auf verschiedene Weise bewirkt, theils
mit Korrektionsvorrichtungen zum Senkrechtstellen des Spiegels, theils ohne diese. Im letzteren Falle muss
seine Fassung vom Mechaniker so genau und sicher gearbeitet sein, dass eine Veränderung in der Neigung
unter normalen Umständen ausgeschlossen ist, was auch, wie die Erfahrung lehrt, gut möglich ist. Bei ein
getretener Aenderung ist daher die Richtigstellung wieder nur durch den Mechaniker vorzunehmen. Bei
dieser Aufstellung ist eine Metallplatte von der Grösse des Spiegels auf der Alhidade senkrecht befestigt,
welche an drei Punkten, gewöhnlich an den beiden unteren Ecken und am oberen Rande in der Mitte einen
festen Ansatz (Spitze) hat, an welche der Spiegel sich nach dem Befestigen anlegt. Seltener kommt es vor,
dass zwei dieser Spitzen an der Seite und die dritte in der Mitte des gegenüberliegenden Seitenrandes an
gebracht ist. Der Spiegel wird durch eine kastenartige Fassung gehalten, welche über ihn und der festen
Platte geschoben und in der Mitte der hinteren Wand durch eine Schraube an die feste Platte angeschraubt
wird. Die vordere Seite des Kastens ist offen und hat nur au drei Stellen, welche den oben angeführten
Spitzen der festen Platte entsprechen, kleine Ansätze (Nasen), welche den Spiegel festlialten. Das Kästchen
darf nicht zu fest angeschraubt werden, damit im Spiegel keine Spannungen und damit schlechte Bilder
entstehen. Sind die Bilder bei Sextanten nicht gut, so rührt dies häufig von dieser Pressung und dadurch
entstandener Durchbiegung her, welche durch eine geringe Rückwärtsbewegung der Befestigungsschraube
beseitigt werden kann, worauf die verzerrten Bilder verschwinden.
Es kann auch ohne die feste Platte das Kästchen, in welchem der Spiegel steht, mit drei Anschlägen
versehen sein, wobei es dann mit zwei oder drei Schrauben fest mit der Alhidade verbunden ist. An der
*) E. layn und H. Rubens, „Das Reflexionsvermögen von Metallen und belegten Glasspiegeln.“ Annalen der
Physik, IV. Folge, 1900, Bd. 1, S. 352, und Zeitschrift für Instrumentenkunde, Jahrgang 19, 1899, S. 293.