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Es sei hier des Einwandes gedacht, der vielleicht erhoben werden könnte, dass nämlich die Nähe des
Waldes, die diesen forstlichen’Stationen eigen ist, da stets eine Feld- und eine Waldstation zusammengehören,
die Güte des Materials beeinflusse und somit den Zahlen nur ein relativer Werth beizumessen sein möchte.
Zu erwidern ist, dass die Entfernung von der Waldgrenze genügend gross erscheint, um eine Fernwirkung
des Waldes im Allgemeinen auszuschliessen, insbesondere um einen Einfluss des bei Tage aus dem Walde
hervorquellenden Luftstroms verneinen zu lassen — und ein eigentliches Durchwehen des Waldes und somit
eine Zufuhr von Waldluft bei geeigneter Windrichtung erscheint wohl ausgeschlossen.. Eine derartige Fern
wirkung ist auch bisher nicht festgestellt worden und im übrigen ermöglicht diese Untersuchung es dem
Leser, selbst über das Vorhandensein derartigen Waldeinflusses ein Urtheil zu gewinnen. Andererseits giebt
die Aufstellung von Thermometern innerhalb grosser und auch kleinerer Städte sicher zu Bedenken Anlasss,
wenn man die ermittelten Temperaturen ohne Weiteres auch auf das umliegende Land überträgt.
Ein Blick auf Tab. I zeigt, dass die Stationen sich theils in der Norddeutschen Tiefebene hinzieheD,
wobei Fritzen, Hadersleben und Schoo dem Meere am nächsten liegen, theils auf den diese südlich begren
zenden Höhen liegen, und nur die Pieichsländischen Stationen eine abgesonderte Lage besitzen. Nächst
Schoo liegen Hollerath und Lahnhof am meisten den westlichen Winden ausgesetzt, während Hadersleben
durch den Höhenzug, welcher von Süden nach Norden Schleswig-Holstein durchzieht, einigermaassen ge
schützt liegt.
Da wie Tab. I zeigt, die Beobachtungsperiode nicht auf allen Stationen dieselbe ist, so wäre es, um
die Vergleichbarkeit der Zahlen von Ort zu Ort zu erhöhen, vielleicht zweckmässig gewesen, nur diejenigen
Monate zu berücksichtigen, welche der allen Stationen gemeinsamen Beobachtungsperiode von Juni 1877
bis Dezember 1885 angehören; doch entschied sich der Verfasser für Beibehaltung sämmtlicher Monate bei
Berechnung der Durchschnittsmittel und zog es vor, in dieser Weise bei der Vergleichung für einige wenige
Stationen eine etwas geringere Sicherheit zu erreichen, um andrerseits diese für die übrigen Stationen zu
erhöhen und vor Allem eine grössere Annäherung an die wahren absoluten Werthe zu bewirken. Das
empfehlenswertheste wäre jedoch auch bei der absoluten Feuchtigkeit, welche in ihren Aenderungen eben
solche räumliche Gleichartigkeit wie Barometer und Temperatur aufweist, die Methode der Ergänzung der
Beobachtungsreihe durch Differenzenbildung gewesen, wie sie Professor Hann in seiner Arbeit über den
Luftdruck (Met. Zeitschrift 1886, S. 97) verwerthet, und zumal es sich nur um die Zufügung von wenigen
Zahlen durch Interpolation handelt.
Monatsmittel der absoluten Feuchtigkeit.
Das Psychrometer von August, welches heute meist zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit benutzt wird,
bietet im Winter bekanntlich grosse Schwierigkeiten, und scheint bei Frostwetter seinen Dienst zu versagen,
indem man den Ansprüchen, welche die Theorie an dasselbe stellt, bei seiner Handhabung nur schwer
einigermaassen und schwerlich ganz gerecht zu werden vermag. Es macht grosse Schwierigkeiten, die Kugel
mit einer dünnen Eisschicht bedeckt zu erhalten; hat man wirklich am Morgen nach der Beobachtung die
Leinwandhülle der Kugel des „feuchten“ Thermometers angefeuchtet, so wird man mittags die Hülle häufig
wieder ganz trocken finden, indem die Feuchtigkeit verdunstet ist, oder es hat sich inzwischen eine Eishülle
zwischen Leinwand und Glas gebildet, welche bei Frost und zunehmender Temperatur das feuchte Thermo
meter wohl niedriger zeigen lässt, was aber in der Verdunstung seinen Grund nicht hat. t)ie andere be
kannte Vorschrift, vor jeder Ablesung ein Auftliauen und frisches Anfeuchten vorzunehmen und so lange zu
warten, bis das feuchte Thermometer seinen niedrigsten Stand angenommen haben wird, setzt bei dem
Beobachter, zumal wenn derselbe gezwungen ist, in der Nähe unthätig dieses Moments zu harren, grosse
Geduld voraus, und schliesslich wird doch die Sicherheit nicht vorhanden sein, dass der niedrigste Stand
wirklich beobachtet worden ist. Da ferner bei gelindem Frost in der Nähe von 0° durch die Uebergänge
von einem Aggregatzustand in den anderen verschiedenartige Wärmebewegungen erregt werden und das
Psychrometer auch hier wie bekannt unsichere Zahlen liefert, so sind im Folgenden im Allgemeinen nur
die Feuchtigkeitszahlen für April bis September berücksichtigt, indem diese als richtig angenommen werden
dürfen — soweit als Theorie und Praxis beim Psychrometer unter gewöhnlichen Umständen harmoniren.
*) Der Berechnung sind die jedesmaligen Barometerstände zu Grunde gelegt und jede einzelne Rechnung ist an der
Zentral-Station revidirt worden, entsprechend dem in Eberswalde allgemein durchgeführten Prinzip der doppelten Rechnung.