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3. Veber das Verhältniss der Beaufort’s eben Stärke-Skala zur Windgeschwindigkeit an
den Kästenstationen der Deutschen Seewarte■
Die registrirenden Anemometer der Seewarte sind derartig konstruirt, dass von einem Papierstreifen
unmittelbar das Mittel der Windgeschwindigkeit für je eine Stunde, ausgedrückt in Metern pro Sekunde,
abgelesen werden kann. Der Konstruktion der Apparate lag die Annahme zu Grunde, dass der Windweg
aus dem Wege der Schalenmitten durch Multiplikation mit 3 zu erhalten sei. Eine empirische Unter
suchung der, mit der Eigenthümlichkeit des Apparates variirenden Relation zwischen Anemometer- und
Windgeschwindigkeit wird für die Apparate der Seewarte erst nach 1—2 Jahren möglich sein, wenn die
neuen Räumlichkeiten der Seewarte die Aufstellung eines Combes’schen Apparates gestatten werden. In
zwischen wurde indessen auf Grund der von Dohr an dt angestellten Versuche, und der Vergleichung des
in Hamburg aufgestellten Anemometers mit einem von Herrn Prof. Recknagel geprüften Instrumente von
Herrn Dr. Koppen *) nachgewiesen, dass das oben erwähnte einfache, noch fast ganz allgemein ange
wandte Reduktions-Verfahren bei stärkeren Winden erheblich zu grosse Werthe der Windgeschwindigkeit
liefert, dass nämlich mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit die wahre Windgeschwindigkeit
w aus der Anemometer geschwindigkeit a (Geschwindigkeit der Schalenmittelpunkte) annäherungweise
nach der Formel: l) w = 1.0+2.396«
zu berechnen sei, während von den Anemometern die Werthe w der Formel
2) w = 3«
registrirt werden. Aus den Aufzeichnungen w der Anemometer wäre demnach die wahre Wind
geschwindigkeit w nach der Formel w = 1.0+0.785w' oder rund:
3) w = 1.0+0.8 m/
zu berechnen. In Erwartung der Bestätigung, resp. Verbesserung der Formel 1) zur Reduktion der Ane
mometergeschwindigkeit a auf wahre Windgeschwindigkeit w, und in Anbetracht der Einfachheit der Formel
3), welche, wo immer die Kenntniss der wahren Windgeschwindigkeit nöthig sein sollte, dieselbe mit grösster
Leichtigkeit zu bestimmen gestattet, habe ich die Werthe der Anemometertabellen unverändert benutzt, so
dass die im Folgenden für die Grade der Beaufort’schen Skala gewonnenen Zahlen-
werthe die verdreifachte Anemometergeschwindigkeit (w') bedeuten. Erst aus den Schluss
resultaten werde ich nach Gleichung 3) die angenäherte wahre Windgeschwindigkeit ableiten.
Das angewandte Verfahren bestand nun einfach darin, dass für 4 Stationen der Seewarte: Neufahr
wasser, Swinemünde, Keitum, Borkum, die geschätzte Windstärke mit dem Mittel des Werthes tu für die 2,
den Beobachtungstermin einschliessenden Stunden verglichen wurde. Es kamen in summa 3594 Beob
achtungen aus den Jahren 1876—78, meistens von 8 a , in einzelnen Fällen auch von 2 P zur Verwendung.
Die Brauchbarkeit der Resultate einer Untersuchung, wie die vorliegende, hängt vor allen Dingen ab
von der Reichhaltigkeit des Materials. Mangel an solchem ist nicht vorhanden; die Ausführung wieder
holter Prüfungen der gewiss nicht unwichtigen und wegen der in Betracht kommenden physiologischen
und psychologischen Momente nicht uninteressanten Frage nach der Beziehung zwischen geschätzter und
gemessener Windstärke erheischt nur die Bereitwilligkeit, sich der, bei ihrer Einfachheit allerdings etwas
langwierigen Arbeit zu unterziehen. Um nun die Vereinigung der Resultate neuer Untersuchungen mit
denen der vorliegenden möglichst zu erleichtern, gebe ich in der folgenden Tabelle XXIII die an den oben
genannten Stationen für die einzelnen Windstärken, Windrichtungen und Jahreszeiten gewonnenen Summen,
aus welchen durch Division mit der als kleine Ziffer links oben hinzugefügten Anzahl der Fälle sogleich die
entsprechenden Mittelwerthe erhalten werden könnten. —■ Für die Stärke 9, welche in die Tabelle nicht mehr
aufgenommen werden konnte, sind noch folgende Daten anzuführen: S—WSW: Winter 2 32.4; W—NNW:
Frühling 3 52.7; Herbst 1 18.8; Winter 1 18.8.
*) Notiz über die Rückführung der Anemometer-Angaben der Stationen der Seewarte auf absolutes Maass und über
das Verhältniss von Beaufort’s Skala zur Windgeschwindigkeit. Zeitschr. der österr. Gesellschaft für Meteorologie.
XIV. Bd., pag. 302.