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Full text: 2, 1879

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Bei gleicher Krümmung der Windbahn und gleicher Geschwindigkeit nimmt mit 
wachsendem Reibungskoefficienten der Gradient zu, der Ablenkungswinkel aber ab.*) 
Da im mittleren und nördlichen Europa wegen der grösseren Barometerschwankungen im Norden 
die Ostwinde vorwiegend anticyklonal, die Westwinde meist cyklonal gekrümmten Windbahnen angehören, 
so mag die aus empirischen Untersuchungen **) hervorgehende Thatsache, dass erstere bei gleicher Ge 
schwindigkeit eines geringeren Gradienten bedürfen, als letztere, in dem ersten dieser Sätze wenigstens 
theilweise ihre Erklärung finden. — 
Es wurde oben, S. 17, darauf hingewiesen, dass die Trägheitskurven auf der Erdoberfläche mit 
denen auf einer Kugel nur dem Sinne der Krümmung nach übereinstimmen, während der Werth derselben 
ein anderer ist. Wir bedienen uns zur approximativen Ermittelung des Krümmungsradius der Gleichun 
gen 20), aus welchen sich für pi und jh- — 0 ergiebt: 
d' 2 s 
d? 1 
= 0 
2 
ds 
dt 
CO sin (f> 
(ds\ a _l 
\dt) p 
= 0 
42) 
Nach der ersten Gleichung ist 
ds 
d t 
oder: 
= v = (konstant), so dass die zweite übergeht in 
2 co sin cp 4- v n — — 0 
9 
»o 
p — .— y 
2 ca si n cp 
Die Trägheitskurve ist also, insofern man die Breitenänderung ausser Acht lassen kann, ein mit 
konstanter Geschwindigkeit durchlaufener Kreis vom Radius p. Streng genommen wird indessen die Träg 
heitskurve nicht eine geschlossene Kurve sein, sondern aus Zügen von der in Fig. 8 der Tafel dargestellten 
Form bestehen; die Geschwindigkeit », mit der dieselben durchlaufen werden, ist indessen auf alle Fälle 
konstant. (Man vergl. auch Seite 28). Die folgende Tabelle enthält für einige bei Luftströmungen häufig 
vorkommende Geschwindigkeiten die Länge des Krümmungsradius p in Kilometern. 
Polhöhe cp: 
0° 
2‘/2° 
5° 
10° 
20° 
30° 
O 
o 
Ol 
O 
O 
OS 
O 
o 
70° 
00 
o 
o 
90° 
Í 20 Meter 
oo 
3144 
1572 
790 
401 
274 
213 
179 
158 
146 
139 
187 
Geschwindigkeit < ] () 
oo 
1572 
787 
395 
200 
137 
107 
90 
79 
73 
70 
69 
v 1 5 
CO 
786 
393 
197 
100 
69 
53 
45 
40 
36 
35 
34 
Die Trägheitskurven der 
bewegten Luft sind somit sehr 
stark anticyklonal 
gekrümmt. 
Da nun 
nach den synoptischen Karten die cyklonalen Windbahnen bei Weitem überwiegen, so tritt auf’s Deutlichste 
hervor, wie wenig die frühere Hypothese, nach welcher die Luftströme dem ablenkenden Einflüsse der Erd 
rotation wirklich folgen sollten, der Wirklichkeit entspricht. In dieser Hinsicht waren, wie schon in der 
Einleitung hervorgehoben, Mühry’s Proteste gegen die namentlich in Deutschland herrschende Strömung 
in der Meteorologie berechtigt, so sehr auch seine Auseinandersetzungen vielfach gegen die Principien 
der Mechanik verstossen. 
Die anticyklonale Krümmung der Trägheitskurven wird mit der Annäherung an den Aequator sehr 
schnell geringer; am Aequator selbst ist, wie bei absoluter Bewegung, die gerade Linie die Trägheitskurve. 
Da nun nach der Fig. S. 21 bei irgend einer Krümmung der Windbahn (z. B. bei der geradlinigen Bahn) 
die Kraft F e um so kleiner wird, je weniger stark anticyklonal die Trägheitskurve gekrümmt ist, so ergiebt 
sich sogleich folgender Satz: 
Bei gleicher Krümmung der Windbahn und gleichem Reibungskoefficienten neh 
men für ein und dieselbe Windgeschwindigkeit sowohl Gradient als auch Ablenkungs- 
*) Diese Sätze sind natürlich auch den Gnldberg-Mohn’schen Abhandlungen zu entnehmen; da sie sich aher so 
unmittelbar ergeben und offenbar noch recht wenig bekannt sind, so erscheint es nicht überflüssig, dieselben aus 
drücklich hervorzuheben. 
**) Im zweiten Theile meiner Arbeit werden die für die Deutschen Küsten gefundenen numerischen Werthe mitgetheilt werden.
	        
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