3 Meeresphysik
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System Nordsee
Berechtigung. Würde das verfügbare Eisvolumen hA innerhalb der Eisgrenzen gleich
mäßig als Eisbrei verteilt, hätte diese Schicht die effektive Dicke hA/E = hN.
Die eigentliche Maßzahl zur Charakterisierung der Stärke der Eiswinter - die flächen
bezogene Eisvolumensumme - ergibt sich durch Summation der täglichen hN-Pro-
dukte über die Eissaison und bezieht somit die Dauer der Vereisung ein. Zur Erleich
terung der Interpretation wurde eine Klassifizierung vorgenommen, die schwache
(< 0.5 m), mäßige (< 4 m), starke (< 9 m) und sehr starke Eiswinter unterscheidet. Die
diesen Klassengrenzen entsprechenden Eiswinterlängen liegen bei etwa 1 Woche, 1
und 2 Monaten.
Die historische Entwicklung der Stärke der Eiswinter ist in Abb.3-29 dargestellt. Seit
Beginn der gegenwärtigen Warmphase im Jahr 1988 (Abb.3-23,S. 122) waren 2/3 der
Winter eisfrei. Eine hinsichtlich des geringen Eisvorkommens vergleichbare Periode
stellt allenfalls diejenige der 1930er Jahre dar, welche durch die sehr starken Kriegs
winter, die sich zeitgleich mit einer extremen ENSO Warmepisode ereigneten
(Koslowski und Loewe 1994), ein abruptes Ende fand. Der einzige starke Eiswinter
der rezenten Warmphase trat im Jahr 1996 ein, als die Zonalzirkulation über dem
Nordatlantik klar abgeschwächt war (NAO-Index -1.56, Loewe und Koslowski 1998),
die Nordsee unter dem Einfluss kontinentaler Kaltluftadvektion aus Südost stark ab
kühlte und bis in den Juli hinein anomal kalt blieb (Loewe 1996). Das Auftreten dieses
starken Eiswinters entsprach der statistischen Erwartung, die sich auf eine signifikante
Quasiperiodizität von 7-9 Jahren gründete (Loewe und Koslowski 1998).
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12.1 13.5 14.2 15.0
Abb. 3-29: Flächenbezogene Eisvolumensumme für die deutsche Nordseeküste im Zeitraum
1897 - 2005.
Fig. 3-29: Accumulated areal ice volume for the German North Sea coast during 1897 - 2005.
Dieser Quasizyklus, der 1947 einsetzte, ist augenscheinlich abgebrochen. Es ist je
doch durchaus denkbar, dass der Zyklus lediglich nicht mehr in starken Eiswintern in
Erscheinung tritt, weil exzessive vorwinterliche Meerestemperaturen (bzw. Wärmein