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Diese Vorbemerkungen erscheinen dem Verfasser insofern von besonderer Wichtigkeit, als sie sofort den in
dividuellen Jahresgang bei den einzelnen Feuerschiffen verständlicher machen. Bereits Zorell hat nachgewiesen,
daß von einer Gleichsinnigkeit im Salzgehaltsjahresgang bei den einzelnen Feuerschiffen nicht gesprochen werden
kann. Dieses unterschiedliche Verhalten im Jahresgang wird auch in diesem Falle auf Grund längerer Beobach
tungsreihen von neuem bestätigt. Die Unruhe im jahreszeitlichen Verlauf, die Amplitude der Schwingung des Salz-
gehaitsjahresganges nimmt von See zur Küste zu und wächst besonders stark an je weiter man die Flußmündungs
gebiete aufwärts geht. Weiterhin besteht wiederum ein Unterschied zwischen der nord- und ostfriesischen Küste
sowie zwischen der Weser- und Elbmündung. Außerdem ist die Schwingung im Jahresgang des Bodenwassers
gedämpfter als im Oberflächenwasser. Diese örtlichen Unregelmäßigkeiten im Salzgehaltsjahresgang des Ober
flächen- und Bodenwassers der Deutschen Bucht sind charakteristisch für ein Meeresgebiet, in welchem Wasser
körper verschiedener Herkunft und hydrographischer Leitfaktoren (wie z. B. die Dichte) in einer breiten Zone
großräumig und intensiv sich zu vermischen suchen oder sich in einem ausgedehnten Konvergenzgebiet überein-
anderschieben. Die zeitlichen Schwankungen im Salzgehaltsjahresgang sind entsprechend den Schwankungen der
einzelnen Komponenten des Nordsee-, Kanal- und Flußwassers, sowie der Winde sehr groß und für jeden der Feu
erschiffsorte verschieden (Zorell). Dies gilt insbesondere für die Änderungen des Salzgehaltsjahresganges von Jahr
zu Jahr. Diese zeitliche Unregelmäßigkeit wirkt sich ungünstig auf die Berechnung des mittleren Jahresganges aus.
Zorell hat wiederholt auf diesen schwerwiegenden Umstand hingewiesen ((16) s. Fig. 17 bis 20 auf Taf. 7 u. 8). In
der Tabelle 42 sind nun zusammenfassend und der geographischen Lage nachgeordnet die Größen der jährlichen
Maxima und Minima sowie ihrer Eintrittszeiten im Oberflächenwasser bei den einzelnen Feuerschiffen wiederge
geben. Diese Elemente des Salzgehaltsjahresganges werden zugleich mit denen von Zorell für die 10jährige Peri
ode 1923/32 verglichen. In der Spalte a dieser Tabelle stehen sämtliche Daten der Reihen innerhalb 1920/42, in der
Spalte b die homologen Werte nach Zorell für 1923/32. Auffällig ist, daß alle neu berechneten Salzgehaltsmonats
mittel größenordnungsmäßig mit denen von Zorell übereinstimmen, absolut aber in gleichsinniger Weise nach der
positiven Seite abweichen. Diese Salzgehaltszunahme wird später im Rahmen der säkularen Erwärmung näher dis
kutiert. Hinsichtlich der Eintrittszeiten der Extreme im mittleren Jahresgang haben bei den an der ostfriesischen
Seite gelegenen Feuerschiffen Borkumriff, Norderney und Weser beträchtliche Phasenverschiebungen von über ei
nem halben Jahr stattgefunden. Die Eintrittszeiten bei allen übrigen Feuerschiffen stimmen sehr gut mit den früher
berechneten überein. Hydrologische (Abflußmenge) und meteorologische Faktoren (Wetterlage) bestimmen ohne
Zweifel in gemeinsamem Zusammenwirken die Salzgehaltsverhältnisse der Deutschen Bucht und die Eintrittszei
ten der Extreme im mittleren Jahresgang. Maximaler Salzgehalt an einem bestimmten Ort dieses Meeresgebietes
tritt stets dann auf, wenn Niederschlag und Abfluß aus dem Küstengebiet zurückgehen, die Verdunstung im Som
mer und die stürmischen Wetterlagen (zyklonale Zirkulation) in den Herbst- und Wintermonaten zunehmen oder
im Küstengebiet Vereisung eintritt (Fesselung des Süßwasserabflusses). Diese Faktoren verursachen einen stärke
ren Einstrom salzreichen Wassers aus der westlichen und nordwestlichen Nordsee. Minimaler Salzgehalt an einem
bestimmten Ort der Deutschen Bucht tritt stets dann auf, wenn die Niederschläge und die Abflußmengen besonders
aus den Flußmündungsgebieten zunehmen sowie zusätzlich Eisschmelze den Abfluß noch erhöht, die Verdunstung
an der Wasseroberfläche in den Herbst- bis zu den Frühjahrsmonaten minimale Beträge erreicht und stürmische
antizyklonale Wetterlagen über dem Küstengebiet der Deutschen Bucht ihren Einfluß ausüben. Diese Faktoren ha
ben zur Folge, daß ein stärkerer Ausstrom schwachsalzigen Wassers aus der inneren Deutschen Bucht in die offene
Nordsee stattfindet. Alle diese Faktoren zusammen regulieren den Ablauf im Salzgehaltsjahresgang des Oberflä
chen- und Bodenwassers. Neben diesen jahreszeitlichen Änderungen des Salzgehaltes, die über ein ganzes Jahr ge
sehen fast periodischen Charakter haben, üben die exakt periodischen, täglich wechselnden Wirkungen des Gezei
tenstromes sowie die kurzen unperiodischen Kräfte (Witterungsänderungen und innere Verlagerungen der
Dichteverhältnisse im Wasser), auf die Wasserschichten der Deutschen Bucht ihren maßgeblichen Einfluß von Tag
zu Tag aus.