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Momentanbilder der Temperaturverteilung in der Deutschen Bucht gegeben worden sind, so wurden sie für einen
kurzen bestimmten Zeitabschnitt, während der die Temperatur des Oberflächenwassers auf Grund der Feuer
schiffsbeobachtungen sich nur unwesentlich in einem bestimmten Teilgebiet geändert hat, gezeichnet. Für längere
Zeitabschnitte (mehr als eine Pentade) und den ganzen Raum der Deutschen Bucht mußte von vornherein eine aus
gleichende Linienführung der Isothermen gewählt werden. Eine regionale Verteilung der Oberflächenwassertem
peratur in situ ist nur auf synoptischer Basis möglich.
Wenn man aber die bereits veröffentlichten Temperaturkarten von Zorell und Verfasser mit der mehr genera
lisierenden Darstellung in den Monatskarten der Oberflächentemperatur der Deutschen Bucht vergleicht, so haben
die Momentanbilder der Temperatur trotz der oben gemachten Einschränkungen wesentliche Fortschritte für qua
litative Fragen aus gemeinsamer hydrographisch-biologischer Zusammenarbeit erzielt. Für die Hydrographie
selbst ist die Deutsche Bucht ein sehr kompliziertes, aber interessantes Arbeitsfeld geworden. Man hat auch hier
wie bei den Untersuchungsergebnissen der Feuerschiffe die Überzeugung gewonnen, daß mittlere Zustände, wie
sie die neuen Monatskarten wiedergeben, in der Natur niemals beobachtet werden.
Zorell hat nun den Versuch unternommen, die Temperaturverhältnisse der Deutschen Bucht auf Grund der in
den Jahren 1920/32 durchgeführten Poseidon-Fahrten von vornherein in Verbindung mit den derzeitigen Abfluß-
und Windverhältnissen im Küstengebiet eingehend zu analysieren, ohne aber anschließend eine synthetische Be
trachtung der jahreszeitlichen Temperaturänderung zu geben. Dies soll im folgenden, soweit es bis heute möglich
ist, mit Hilfe der Monatskarten nachgeholt werden.
In den Wintermonaten Januar bis März ist die Abkühlung des Oberflächenwassers soweit vorgeschritten, daß
auch im Mittel Februar und März das Temperaturminimum im Jahresgang der Deutschen Bucht anzeigen. Die ther
mischen Gegensätze zwischen den Regionen der friesischen Küstengebiete treten deutlich hervor. Besondere
Kennzeichen hierbei sind die Ausbiegungen der Isothermen, welche das abfließende kältere Elbwasser und den
Einstrom wärmeren Nordseewassers von Nordwesten und aus den Hoofden entlang der west- und ostfriesischen
Küste andeuten. Besonders im März ist dies der Fall, wo ein Einfluß der kontinentalen Erwärmung auf das Ober
flächenwasser sich in der Deutschen Bucht noch nicht oder erst sehr langsam bemerkbar macht. Ein sehr schönes
Beispiel hierfür wurde von Zorell für den März 1926 gegeben. In der Abb. 22 ist ein weiteres Beispiel aus dem
Jahre 1935: starker thermischer Gegensatz zwischen dem westlichen und östlichen Teil der Deutschen Bucht. Re
lativ warmes Wasser aus südlicheren Breiten der Hoofden und des Englischen Kanals, besonders aus dem bereits
in Erwärmung befindlichen holländisch-belgischen Küstenraum, beeinflußt die Temperaturverteilung innerhalb
der Deutschen Bucht. Es kann weiterhin Vorkommen, daß während dieses Monats der thermische Gegensatz da
durch vermindert ist, daß relativ geringe Oberwassermengen aus der Elbe und Weser abfließen. Das hat eine we
niger kräftige Abkühlung des östlichen Teils der Deutschen Bucht zur Folge, oder große Abflußmengen mit relativ
anomalem hohen Wärmeinhalt verursachen positive Temperaturanomalien im östlichen Teil der Deutschen Bucht
(s. (16) März 1920).
In den beiden vorhergehenden Monaten Januar und Februar kann die Lage der Isothermen insofern vom mitt
leren Zustand abweichen, als erhebliche kurzperiodische Kaltlufteinbrüche mehrere Male hintereinander die Tem
peraturverhältnisse des Oberflächenwassers stark verändern. Derartige Lageänderungen bestimmter Isothermen im
Februar wurden für das Jahr 1936 eingehend untersucht (20). Andersherum kann es Vorkommen, wie der Januar
und Februar 1920 gezeigt haben, daß zu dieser Jahreszeit relativ hohe Wassertemperaturen zu verzeichnen sind,
obgleich starke Zuflüsse relativ kalten Wassers aus den Mündungsgebieten der Elbe und Weser stattgefunden ha
ben. Hohe Lufttemperaturen und SW-liche Winde über der Deutschen Bucht bedingten die andersartige Tempera
turverteilung im Wasser. Der Abfluß der Elbwassermassen muß nach der analytischen Untersuchung von Zorell
(16) dicht unter der nordfriesischen Küste nach Norden stattgefunden haben.
Die Frühjahrsmonate April bis Juni zeichnen sich dadurch aus, daß es für den Hydrographen besonders
schwierig ist, eindeutige Temperaturkarten der Oberfläche zu entwerfen. Schon die Monatskarten zeigen, daß
durch die Beeinflussung der kontinentalen Erwärmung von Osten und Süden einerseits und durch advektive Ver
mischung wärmeren Wassers aus dem Westen andererseits sich in der Deutschen Bucht sog. „Kälteinseln“ im
Oberflächenwasser bilden. Kälteinseln sind in sich mehr oder weniger abgeschlossene, großräumige Kaltwasser
körper, die im Innern der Deutschen Bucht anzutreffen sind, im Laufe dieser 3 Monate immer mehr an Ausdehnung
verlieren und im Juli bereits verschwunden sind. Solche Kälteinseln hat Zorell (16) für den Mai/Juni 1920 nach
gewiesen, und zwar im Gebiet westsüdwestlich von Helgoland (hier sogar schon eine Wärmeinsel weiter westlich
davon). Eine starke Erwärmung des Oberflächenwasser der inneren Deutschen Bucht kann trotzdem gleichmäßig