Abb. 92 a-e: Vertikale Dichte-Verteilung [cr t ] auf Schnitten senkrecht zur ostfriesischen Küste in der Zeit vom
13. - 22. Mai 1933 (2000fache Übertiefung)
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VI. Betrachtungen über unperiodische Wasser Versetzungen (Restströmungen) in der Deutschen Bucht an
Hand der Dichteverteilung im Oberflächen-, Tiefen- und Bodenwasser während der Poseidon-Fahrt im
Mai 1933.
Den periodisch wechselnden Gezeitenströmen in der Nordsee ist eine translatorische Wasserbewegung, wel
che ihre Impulse durch den Einstrom atlantischen Wassers aus dem Englischen Kanal und von Norden her (durch
die Eingänge zwischen Orkney-Shetlands und Südnorwegen) erhält, ferner durch den Einstrom baltischen Wassers
aus dem Skagerrak und durch die Süßwasserzufuhr vom Festland überlagert. Da die Zufuhr dieser Wasserarten aus
den verschiedenen Aktionszentren nicht unterbrochen wird, sondern sich nur ihre Intensität je nach der Jahreszeit
ändert, bleibt ein bestimmtes Dichte-Gefälle in der Nordsee erhalten, so daß dadurch unperiodische Wasserbewe
gungen verursacht werden, die wiederum je nach der über der Nordsee vorhandenen Großwetterlage ihre Richtun
gen und Geschwindigkeiten ändern. Derartige unperiodische Wasserbewegungen hat man kurz Reststrom oder
Restströmungen genannt, im Gegensatz zu dem Begriff Gezeitenströme.
Böhnecke hat auf Grund der mittleren Salzgehaltsverteilung im Oberflächenwasser der Nordsee derartige
Strömungen abgebildet ((3) s. insbesondere die schematischen Darstellungen der mittleren Oberflächenströmun
gen für Februar und August in Fig. 24 u. 25). Für die Deutsche Bucht nimmt Böhnecke einen Wirbel in entgegen
gesetztem Sinne des Uhrzeigers an (vielfach in der späteren Literatur als linksdrehend, zyklonal oder contra solem
bezeichnet). An Hand des neueren Beobachtungsmaterials der Poseidon-Fahrten sind vom Verfasser nach den
Salzgehaltskarten vom Juni 1930 und Mai 1933 mutmaßliche Strömungsbilder an der Oberfläche der Deutschen
Bucht entworfen worden, welche entlang der Konvergenz von Südosten nach Nordwesten 5 Teilwirbel innerhalb
dieses Meeresgebietes aufweisen. Diese Teilwirbel sind je nach der Wetterlage und den vorhandenen Dichtegradi
enten mehr oder weniger stark ausgebildet (s. (25), Fig. 1 auf S. 90 und (27), Abb. 15 auf Taf. 23). Alle diese
Strömungsbilder sind aber Angaben rein qualitativer Art, welche sich nur auf Erfahrungen stützen, die aus einem
umfangreichen Salzgehaltsbeobachtungsmaterial der verschiedenen Jahre 1920/39 gewonnen worden sind. In der
vorliegenden Abhandlung ist aber schon mehrfach betont worden, daß aus der regionalen Temperatur- und Salz
gehaltsverteilung in der Deutschen Bucht allein nicht auf das Vorhandensein irgendwelcher unperiodischen Was
serbewegung geschlossen werden kann und darf. Maßgebend hierfür sind die aus den beiden Komponenten Tem
peratur und Salzgehalt berechneten Dichteverhältnisse. Als Beispiel hierfür werden die Beobachtungsergebnisse
der Poseidon-Fahrt im Mai 1933 (27) herangezogen. In den Abbildungen 89*, 90*, 91* sind die horizontalen Dich
teverhältnisse im Oberflächen- und Bodenwasser sowie in der Mittelschicht und die zugehörigen vertikalen Ver
teilungen in Schnitten senkrecht zur ost-und nordfriesischen Küste (Abb. 92 u. 93) dargestellt. Die regionale Ver
teilung bestätigt das Vorhandensein einer Konvergenz, welche nach der Tiefe zu an die nordfriesische Küste
verlagert ist. Die vertikale Dichteverteilung gibt in der Region der Konvergenzzone eine stark ausgeprägte Dich-
tesprungschicht in einer bestimmten Wassertiefe an. Die Tiefenlage dieser Dichtesprungschicht fällt nahezu mit
derjenigen der Mittelwasserschicht zusammen (Abb. 94)*.
47 46a 51 50a 52 53 34 Sfat. 32 30b