129
III. Jahreszeitlicher Einfluß der Flußwassermengen von Elbe und Weser auf die Salzgehaltsve rteilung der
Deutschen Bucht und ihrer Flußmündungsgebiete.
Es liegt in der Natur der Sache, daß man schon bei der Untersuchung des Jahresganges von Temperatur und
Salzgehalt des Oberflächen- und Bodenwassers bei den festen Beobachtungsstationen sowie in der gesamten Deut
schen Bucht nicht umhin gekommen ist, den Einfluß der einen wichtigen Komponente des Komplexes „Küstenef
fekt“ zu berücksichtigen und immer wieder bei Erklärungsversuchen der jahreszeitlichen Änderungen der hydro
graphischen Faktoren verantwortlich zu machen: den Einfluß der Wasserführung von Elbe und Weser auf die
Deutsche Bucht. Obgleich wir heute noch weit davon entfernt sind, eine quantitative Beziehung zwischen der Grö
ße des Abflusses und derjenigen der Salzgehaltserniedrigung aufzustellen, so können wir doch allem Anschein
nach, dabei allerdings unter größter Vorsicht, aus dem Salzgehaltsjahresgang, z. B. der in den Flußmündungen lie
genden Stationen und dem gleichzeitigen jährlichen Gang der Wasserführung von Elbe und Weser in bestimmten
Monaten rein qualitativ auf einen Zusammenhang zwischen Abflußgröße und Höhe des Salzgehaltes schließen.
Wie wir gesehen haben, werden die thermischen Verhältnisse der Deutschen Bucht sehr maßgebend von dem Wär
mevorrat in den Abflußmengen bestimmt. Dadurch allein treten Unterschiede zwischen Oberfläche und Boden,
zwischen Elb- und Wesermündung sowie der ostfriesischen und nordfriesischen Küste auf. Die Änderungen der
Salzgehalts Verhältnisse, z. B. in der inneren Deutschen Bucht, werden allem Anschein nach durch die Änderungen
der Abflußmengen von Monat zu Monat besser erfaßt und geklärt als durch den Vergleich der absoluten Größen
von Salzgehaltsmonatsmittel an einem bestimmten Ort und Abflußmenge im Monatsdurchschnitt. Welche außer
ordentlich große Bedeutung die Anomalien der Abflußmengen im Jahresverlauf auf die Temperatur- und vor allem
Salzgehaltsverteilung in der gesamten Deutschen Bucht spielen, haben die verschiedenen Übersichtskarten und hy
drographischen Schnitte für das Oberflächen-, Tiefen- und Bodenwasser zur Genüge widergespiegelt. In diesem
Zusammenhang wird insbesondere an die regionale und vertikale Ausdehnung der Konvergenzzone in den ver
schiedenen Jahreszeiten gedacht. Zum Abschluß dieser Ausführungen soll rein qualitativ noch auf einen wahr
scheinlichen engeren Zusammenhang zwischen den jährlichen Anomalien des Salzgehaltes der Deutschen Bucht
und den Anomalien der jährlichen Wasserführung hingewiesen werden. Leider liegen noch nicht Ergebnisse der
Berechnung der Jahresanomalien 1920/42 von Elbe und Weser vor. Wir wollen in diesem Zusammenhang auf frü
here Berechnungen zurückgehen. Reichard (15), Zorell (16) und der Verfasser ((21), (22) und (23)) haben derartige
Berechnungen angestellt und veröffentlicht für die Verhältnisse der Deutschen Bucht, Böhnecke (4) für die Ge
samtverhältnisse der Nordsee. In Abb. 74* werden die jährlichen Anomalien des Oberflächensalzgehaltes bei Hel
goland sowie bei F.Sch. Elbe 4 und Bremen den entsprechenden der Wasserführung von Elbe und Weser gegen
über gestellt. Im großen und ganzen ist daraus zu entnehmen, daß eine negative Jahresanomalie des Salzgehaltes
einer positiven der Wasserführung entspricht, eine positive Salzgehaltsanomalie wiederum einer negativen An
omalie der Abflußgröße. Frühere Ergebnisse (s. die Abb. 14 u. 15 sowie 48 und 49) haben ergeben, daß in den Jah
ren zwischen 1930 und 1940 anomale positive Temperaturabweichungen mit anomalen positiven Salzgehaltsab
weichungen parallel gehen. In der Deutschen Bucht fallen insbesondere die Jahre um 1934/35 heraus. Auffallend
in diesem Zusammenhang ist ferner, daß die absolute Größe der maximalen positiven Salzgehaltsanomalie bei al
len Feuerschiffen und Helgoland im Jahre 1934 mit Annäherung an das Festland zunimmt (s. auch (21) S. 274).
Überhaupt erreichen die Extremwerte von 1934 in der nordfriesischen Küstenregion (Elbmündung mit einge
schlossen), also gerade im Einflußgebiet der abfließenden Elboberwassermassen, durchweg fast das Doppelte der
in der ostfriesischen Küstenregion beobachteten und berechneten Abweichungen. Spiegelbildlich hierzu liegen
nun die Werte der anomalen negativen Abweichungen der Flußwasserftihrung. In dem gesamten Verlauf der An
omaliekurven (Abb. 74)* sind gute spiegelbildliche Übereinstimmungen in den Jahren 1896/97, 1904, 1926/27,
1931 und 1933/35. Weiterhin ist bemerkenswert, daß in den Jahren 1932 bis 1936 nur positive Salzgehaltsanoma
lien ebenfalls nur negativen Anomalien der Wasserführungen entsprechen. Die Erhöhung des Salzgehaltes des
Oberflächenwassers der Deutschen Bucht ist in diesen Jahren wahrscheinlich auf stärkeres Eindringen relativ wär
meren und salzreicheren atlantischen Wassers zwischen den Orkney-Shetlandinseln und Südnorwegen nach Süden
sowie aus dem Englischen Kanal und den Hoofden in die westliche Deutsche Bucht zurückzuführen, worauf Tait
1935, van Riel 1936, Eggoin 1937 und der Verfasser 1936 ausdrücklich hingewiesen haben (s. die Zusammenfas
sungen darüber in dem Bericht (22). Andererseits muß die anomale Erniedrigung der Wasserführung der Flüsse
Elbe und Weser in denselben Jahren auf eine Abnahme der Niederschläge in den Quell- und Einzugsgebieten dieser
Flußsysteme zurückzuführen sein. Nach Zedier (s. Zahlentafel lb auf S. 258 in (22) 7 ist z. B. festgestellt worden,