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Kapitel 2: Der Nordatlantische Ozean
Der Wassermassenaustausch des Nordatlantiks mit dem Mittelmeer und dem Arktischen
Ozean führt dazu, dass der gesamte Atlantische Ozean nicht nur der wärmste und salzreichs
te, sondern auch der sauerstoffreichste und nährstoffärmste im Weltozean ist [ Worthington,
1976]. Der Nordatlantik ist beispielsweise 4°C wärmer als der Pazifik auf vergleichbaren Brei
ten [Levitus, 1982]. Aufgrund dieser Temperaturdifferenz kann in der nördlichen Hemisphäre
die Differenz der sterischen Höhen der beiden Ozeane bis zu einem Meter betragen [Dobro
liubov, 1994]. Von den anderen Ozeanen unterscheidet sich der Atlantik auch durch seinen
asymmetrischen meridionalen Wärmetransport in Bezug auf den Äquator. Während der Pa
zifische und Indische Ozean in beiden Hemisphären gleichermaßen Wärme vom Äquator in
höhere Breiten befördern, befördert der Atlantik selbst südlich des Äquators Wärme nach
Norden [Bryden und Hall, 1980]. Ein weiteres Merkmal der Hydrographie des Atlantiks ist
der über die gesamte meridionale Ausdehnung nach Süden gerichtete Süßwassertransport,
trotz einem Netto-Süßwasserverlust durch Verdunstung [Schmitt, 1995] (siehe Kapitel 1.3).
2.2 Großskalige Zirkulation als Funktion des Antriebs
Die Ozeanzirkulation wird sowohl vom Windschub angetrieben als auch von Temperatur-
und Salzgehalts- bzw. Dichtegradienten an der Oberfläche und im Inneren des Ozeans. For
mal beschreibt das geostrophische Gleichgewicht in erster Näherung die quasi-stationäre -
“mittlere”, großskalige Ozeanzirkulation als Summe zweier Komponenten mit dem sich auch
unterschiedliche Antriebskräfte der horizontalen Zirkulation verbinden lassen (siehe Kapi
tel 1.1). Die Komponente mit einer großen vertikalen Längenskala - die tiefenunabhängige,
barotrope Komponente - stellt hauptsächlich die Reaktion auf horizontale Variationen des
großskaligen Windfeldes dar. Die Komponente mit einer geringen vertikalen Skala - die tie
fenabhängige, barokline Komponente - spiegelt den Einfluss der Dichteverteilung im Ozean
wider. Auch gegenwärtig existiert jedoch das Problem, die absolute geostrophische Geschwin
digkeit zu quantifizieren; das, aus den gemessenen Größen T und S abgeleitete, Dichtefeld
lässt deren vertikales Integral unterbestimmt (siehe Kapitel 1.1). Im Folgenden werden kurz
die bisherigen Muster der “mittleren” Zirkulation im Nordatlantik als Funktion des Antriebs
vorgestellt.
2.2.1 Atmosphärischer Antrieb: Mittleres Windfeld und
Nordatlantische Oszillation (NAO)
Die atmosphärische Zirkulation der Luftmassen - das Windfcld - wird über dem Nordatlantik
dominiert vom Nordostpassat in den niederen Breiten (ca. 5°-20 cl N) und der Westwindzone
in mittleren Breiten. Auf der westlichen Seite des Nordatlantiks reicht die Westwindzone von
Florida bis Kap Hatteras (ca. 30°-40°N) und auf der östlichen Seite von Irland bis Norwegen
(ca. 50 o -70°N) (Abb. 2.3). Das Zentrum der resultierenden antizyklonalen Zirkulationszel
le der Luftmassen liegt im Sommer im zentralen subtropischen Nordatlantik, während es im
Winter nahe der Azoren zu finden ist. Im Sommer führt die antizyklonale Zirkulationszelle, die
als Azoren-Hoch bezeichnet wird, zu gemäßigten Westwinden. Im Winter bildet der Kontrast
zwischen kalter, trockener Luft über Sibirien und warmer, feuchter Luft aufgrund der Advekti-
on warmen Wassers in die Norwegensee besonders intensiv das sogenannte Island-Tief aus und
der große meridionale Luftdruckgradient zwischen den beiden Luftdrucksystemen ruft starke
Westwinde entlang der Isobaren hervor, wodurch warme, feuchte Luft nach Europa vordringt.