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Kapitel 2
Der Nordatlantische Ozean und seine “mittlere” Zirkulation
2.1 Topographie und Hydrographie
Die Topographie des Atlantischen Ozeans beherrscht der Mittelatlantische Rücken (MAR),
der den Ozean fast über seine gesamte meridionale Ausdehnung in zwei nordsüdwärts ausge
richtete Becken unterteilt. Die beiden Hälften werden von querlaufenden Rücken und Schwel
len in kleinere Becken unterteilt. Die submarinen Passagen zwischen Grönland und Island und
Island und Schottland - die Schwelle der Dänemark Straße bzw. der Island-Faröer-Schottland
Rücken - grenzen den nördlichen Nordatlantik vom Arktischen Ozean ab. Ein tiefer Zentral
graben durchzieht den MAR auf seiner gesamten Länge. Der Zentralgraben verläuft fast genau
entlang der Mittellinie des Atlantischen Ozeans und ist häufig von zonalen Verwerfungszonen
gekennzeichnet. Im nördlichen Nordatlantik trennt die Charlie-Gibbs-Verwerfungszone den
MAR vom Reykjanes-Rücken. Der Kamm des MAR liegt im allgemeinen 1500-3000 m un
terhalb der Wasseroberfläche. Im Nordatlantik sind Island und die Azoren die einzigen über
den Meeresspiegel herausragenden Fragmente des MAR. Zwischen dem MAR und den Kon
tinentalabhängen liegen weite Tiefsee-Ebenen, wie im nördlichen Nordatlantik das Neufund
landbecken westlich und das Westeuropäische Becken östlich des MAR. Abbildung 2.1 zeigt
die hauptsächlichen topographischen Regionen des Nordatlantik und deren Bezeichnungen.
Die Hydrographie des Atlantischen Ozeans ist wesentlich durch die Produktion und Pro
pagation des nordatlantischen Tiefenwassers (NADW) geprägt, das der Atlantik als einziger
Ozean in der nördlichen Hemisphäre produziert. Eine detailliertere Betrachtung lässt deut
lich zwei Entstehungsregionen des NADW erkennen. Östlich von Island - im Islandbecken -
stellt das Tiefenwasser ein Vermischungsprodukt aus abgekühltem salzreichen Oberflächen
wasser der Subtropen und kaltem, salzarmen Tiefenwasser der Norwegensee dar. Westlich
von Island - im Irmingerbecken - differieren die Eigenschaften des Oberflächen- und Tiefen
wassers nicht so extrem, so dass die Eigenschaften des Tiefenwassers aus der Grönlandsee
relativ unverändert bleiben, wenn es sich von der Dänemark Straße in Tiefen von —4000 dbar
äquatorwärts bewegt [Reid, 1994]. Das über die Schwelle der Dänemark Straße strömende
Tiefenwasser der Grönlandsee - das Dänemark Straßen Overflowwasser (DSOW) - ist sau-
erstoffreicher, kälter und salzärmer, aber dichter als das über den Island-Schottland Rücken
strömende Tiefenwasser der Norwegensee - das Island-Schottland Overflowwasser (ISOW)
(Abb. 2.2c-f). Somit füllt das DSOW die Bodenschichten der Labrador- und Irmingersee und
lässt sich im tiefen westlichen Randstrombereich bis 40-48°N verfolgen, wo es auf das Boden-
wasser des Südatlantiks - das antarktische Bodenwasser (AABW) - trifft [Reid, 1994].