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Modellierung
sondern bedingt durch die tiefe Kluft zwischen
dem modellierten Objekt einerseits und dem
Rechner als Werkzeug andererseits.
Ohne auf die technischen Einzelheiten ein
zugehen - und Modellierung ist hochtechnisch,
nämlich ein Handwerk und keine Zauberei - soll
hier versucht werden, durch einen Ansatz am
Problem die Möglichkeiten und Grenzen der Mo
dellierung zu diskutieren.
Modellierung bedeutet, ein Objekt bzw. ei
nen Prozeß zu beschreiben. Hier sind dies Nord
see und Ostsee bzw. was darin passiert. Das Pro
blem der numerischen Modellierung besteht also
darin, Objekt bzw. Prozeß mit den Mitteln von
Digitalrechnern und Numerik zu realisieren. Es
kommt darauf an, davon geschickten Gebrauch
zu machen, stets im Hinblick auf das Resultat.
Hierbei finden sich jedoch oft Hindernisse im
Weg, die mit dem Problem selbst nichts zu tun
haben, sondern die allein durch die Sperrigkeit
der algorithmischen Implementation bedingt sind:
numerische Artefakte wie künstliche Strukturen,
parasitäre Effekte und Instabilität.
Ein numerisches Modell ist ein Computer
spiel, d.h. ein Rechenprozeß, mithin ein Prozeß
auf einem Digitalrechner. Und der Wert eines
Modells hängt ganz wesentlich davon ab, wie gut
man das Original abbilden kann, und dies wie
derum vom Verständnis des Originals, aber auch
davon, wie gut (adäquat, effektiv) die Numerik
organisiert wird. Ob ein Modell funktioniert oder
nicht, ist also weder Zufall noch Glücksache.
Die Brauchbarkeit eines Modells ist vor al
lem durch seine Konstruktion bedingt; hierbei
sollte man tun, was möglich ist. Doch darf man ein
Modell nicht nur theoretisch bewerten. Die
tatsächliche Leistungskraft eines Modells läßt
sich vielmehr erst an seinem praktischen Verhal
ten einschätzen.
Das wirkliche Validationsproblem kommt
also daher, daß ein Modell so gut wie niemals an
die volle Komplexität des Originals heranreicht,
schon gar nicht im Falle derart verwickelter Vor
gänge wie im Wasser von Nordsee oder Ostsee.
So bleibt die Frage, wieviel natürliche Variabi
lität/Komplexität das Modell wiedergeben kann,
welche Ergebnisse erwartet werden dürfen und
wie es um deren Zuverlässigkeit/Genauigkeit be
stellt ist.
Bei der „Validation“ eines Modells stößt man
immer wieder auf die Frage nach dem Verhältnis,
nach der Vergleichbarkeit von Modell und Mes
sungen. Offenbar gibt es von vornherein schon
einen qualitativen Unterschied: Messen bedeutet
ein stichprobenartiges Abtasten (lokal, zeitweilig),
ein Modell ist von gänzlich anderer Art, doch in
sich konsistent. Weder Messungen noch Model
lierung liefern volle Einsicht. Beides ist mangel
haft, wenn auch auf verschiedene Weise. In einer
Messung können Erscheinungen zum Ausdruck
kommen, die u. U. für die relevante Frage, das
Gesamtbild, ohne Belang sind. Andererseits ist
ein Modell lediglich ein mehr oder minder schwa
ches Abbild, liefert aber flächendeckend und zeit
füllend Resultate. Eine Punktmessung braucht
genausowenig repräsentativ zu sein wie der Box
mittelwert einer großen Zelle. Wie kann zwischen
beiden eine Brücke geschlagen werden, d. h. Ver
gleichbarkeit hergestellt werden, und was kann
ein Zahlenvergleich wirklich aussagen? Diese
Überlegung macht klar, daß der Erfolg eines