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BEITRAG DES INSTITUTS FÜR OSTSEEFORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT
ROSTOCK (IOW), WARNEMÜNDE
Zielsetzung
Der Beitrag des IOW zu GOOS hat zum Ziel, den Wasseraustausch zwischen Nord- und Ostsee zu
überwachen sowie den aktuellen physikalischen, chemischen und biologischen Zustand der westlichen
und zentralen Ostsee und seine zeitlichen Variationen zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus
wird die Belastung des Wasserkörpers und der Sedimente mit Schadstoffen überwacht. Die Untersu
chungen werden durch Forschungen zu verbesserten Konzepten. Methoden und Meßstrategien zur Er
fassung der Zustandsgrößen begleitet.
Wissenschaftlicher Kenntnisstand
Die Ostsee ist eines der größten Brackwassermeere der Erde. Sie ist ein vom europäischen Kontinent
nahezu völlig eingeschlossenes, relativ stark gegliedertes flaches Nebenmeer des Atlantischen Ozeans.
Die Temperatur- und Salzgehaltsverteilung und damit die Dichteverhältnisse der Ostsee werden einer
seits durch die beträchtliche Flußwasserzufuhr infolge ihrer geographischen Lage im Übergangsgebiet
zwischen ozeanischem und kontinentalem Klima der gemäßigten Breiten bestimmt. Andererseits wird
die Verteilung durch den mfolge der schmalen Verbmdungen zum offenen Weltmeer stark einge
schränkten Wasseraustausch beeinflußt.
Die durch das Wasser von mehr als 200 Flüssen ausgesüßte Oberflächenschicht ist ganzjährig vom
salzhaltigeren schwereren Tiefenwasser getrennt. Da beide Wasserarten im allgemeinen auch unter
schiedliche Temperaturen aufweisen, existiert ganzjährig eine stabile thermohaline Schichtung, die
durch einen als Sprungschicht bezeichneten Dichteübergang die Wassersäule in spezifisch leichteres
salzärmeres Oberflächen- und schweres salzreicheres Tiefenwasser trennt.
Die Vertikalzirkulation ist durch die stabile Dichteschichtung eingeschränkt, wobei der Austausch
durch die permanente Sprungschicht weitgehend unterbunden ist. Die im Herbst und Winter mit der
Abkühlung der oberflächennahen Schichten einsetzende Konvektion sowie die Durchmischung infolge
des Seegangs, die durch die regelmäßige Vereisung in den nördlichen und östlichen Teilgebieten der
Ostsee zusätzlich behindert wird, reichen nur bis in den Bereich oberhalb der permanenten Sprung
schicht. Das salzreiche aber sauerstoffarme Tiefemvasser ist weitgehend vom Austausch mit dem gut
durchlüfteten Oberflächenwasser ausgeschlossen. Deshalb kann das Tiefenwasser nur durch horizonta
len Zustrom effektiv erneuert werden. Der Zustrom wird jedoch durch den eingeschränkten Wasser
austausch und die kaskadenförmig angeordnete Beckenstruktur der Ostsee behindert. Dadurch entstehen
im Tiefenwasser zeitweilig stagnierende Bedingungen. Der biochemische Abbau des aus dem Oberflä
chenwasser absinkenden, abgestorbenen organischen Materials verursacht zunächst Sauerstoffinangel,
der bei länger andauernder Stagnation bis zum völligen Verschwinden des Sauerstoffs und zur Bildung
erheblicher Konzentrationen von lebensfeindlichem Schwefelwasserstoff führen kann. Gegenüber ande
ren Meeren ist die vertikale und horizontale Durchmischung der Ostsee, auch w'egen der fehlenden Ge
zeitenströme, erschwert.
Durch ihre hydrographischen und ökologischen Bedingungen ist die Ostsee besonders empfindlich ge
genüber Klimaveränderungen, Verschmutzung und Überdüngung sowie übermäßige Ausbeutung ihrer
Ressourcen. Unterhalb der permanenten Sprungschicht ist es in den letzten zwei Jahrzehnten auf Grund
der Verschlechterung der SauerstoffVerhältnisse zu einer deutlichen Artenverarmung und zum Rück
gang der Biomasse, insbesondere der am und im Meeresboden lebenden Tiere und Pflanzen gekommen.
Zw'ar hatten sich die Bedingungen im Tiefenwasser nach dem Salzwassereinbruch 1993 kurzzeitig ver
bessert, der Meeresboden der zentralen Ostsee ist durch permanenten Sauerstoffinangel und durch das
zeitweilige Auftreten von Schwefelwasserstoff infolge der langen Stagnation in Verbindung mit der
immer noch hohen Eutrophierung erheblich geschädigt. Seit Mitte der 80er Jahre haben beispielsweise
die Abnahme im Salzgehalt und der Sauerstoffmangel - aber auch die Überfischung - zu einem starken
Rückgang der Dorschbestände geführt.