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Full text: 62: Die Auswirkungen des Kernkraftwerkunfalles von Tschernobyl auf Nord- und Ostsee

Im Dezember wurde ein umfangreicheres Programm zur Schwebstoff- und 
Sediment-Probenentnahme in der Nordsee durchgeführt. Die Schweb- 
stoffe wurden auf FS "Gauss” mit der Durchflußzentrifuge gewonnen. 
Die hierbei zentrifugierten Wasservolumina lagen je nach 
Schwebstoffgehalt der Wasserproben zwischen 1,5 und 18 m3. Der 
Schwebstoffgehalt variierte zwischen 1,7 mg/l bei Position 54° 19'N 
97° 06’E und 132,2 mg/l bei Twielenfleth am 18.12. (19.50 bis 21.50 
Uhr). 
Die Ergebnisse der gammaspektroskopischen Untersuchung sind in 
Tabelle 7 aufgeführt. Die spezifische Aktivität der Schwebstoff- 
proben hängt einerseits von der Aktivitätskonzentration des Wasser- 
körpers, andererseits aber auch von der Konzentration des suspen- 
dierten Materials im Wasser ab. 
Alle Proben im Einflußbereich der Elbe besitzen eine höhere spezi- 
fische Aktivität (Alte Hever, Büsum), da das Wasser der Elbe im 
Dezember immer noch höhere Konzentrationen aufweist als Weser oder 
Ems. Besonders deutlich wird dieser Effekt in den Proben, die direkt 
in der Elbe gewonnen wurden (Medemsand, Twielenfleth). Hier erreicht 
die spezifische Aktivität von Cs 137 sogar einen Wert von 231 bzw. 
350 Ba/kg. Der gefundene Unterschied ist auf den Einfluß der Tide 
zurückzuführen. Beide Proben wurden während unterschiedlicher Phasen 
des ablaufendem Wasser zentrifugiert. 
Den Einfluß der Partikelkonzentration auf die adsorbierte spezifi- 
sche Aktivität kann man besonders bei den beiden Proben von Twielen- 
fleth beobachten. Bei höherer Partikelkonzentration verteilt sich 
die adsorbierbare Aktivität auf eine größere Masse und führt damit 
zu niedriger spezifischer Aktivität. Auch die Korngröße der Schweb- 
stoffpartikel spielt bei der Adsorption der Nuklide eine große 
Rolle. 
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, daß der Einfluß des Was- 
sers aus der Elbe mit seiner höheren Aktivität sich nicht nur im 
Wasser selbst (Abb. 22), sondern auch in den Schwebstoffproben der 
Deutschen Bucht nachweisen. 
Die Sedimentproben von Station 3 und 46 wurden bisher bis zu den 
angegebenen Tiefen untersucht (Tab. 8). Beide Sedimente sind als 
sandiges Sediment mit hohem Schlickanteil zu charakterisieren und 
sollten deshalb in ihren Adsorptionseigenschaften vergleichbar sein. 
In beiden Fällen sind die Nuklide, die für den Tschernobyl-Fallout 
charakteristisch sind (Cs 134, Ru 103, Ru 106) bereits auf eine Tie- 
fe von 3 bis 6 cm vorgedrungen. Ru 106 war allerdings auch schon vor 
dem Unfall von Tschernobyl in Sedimentproben der Deutschen Bucht 
nachweisbar. Das Eindringen der Tschernobyl-Aktivität in tiefere Se- 
dimentschichten kann z.B. sowohl in Bioturbationseffekten, als auch 
in Porenwasserdiffusion begründet 1iegen. Weitere Untersuchungen 
werden hierüber Aufschluß geben.
	        
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