Im Dezember wurde ein umfangreicheres Programm zur Schwebstoff- und
Sediment-Probenentnahme in der Nordsee durchgeführt. Die Schweb-
stoffe wurden auf FS "Gauss” mit der Durchflußzentrifuge gewonnen.
Die hierbei zentrifugierten Wasservolumina lagen je nach
Schwebstoffgehalt der Wasserproben zwischen 1,5 und 18 m3. Der
Schwebstoffgehalt variierte zwischen 1,7 mg/l bei Position 54° 19'N
97° 06’E und 132,2 mg/l bei Twielenfleth am 18.12. (19.50 bis 21.50
Uhr).
Die Ergebnisse der gammaspektroskopischen Untersuchung sind in
Tabelle 7 aufgeführt. Die spezifische Aktivität der Schwebstoff-
proben hängt einerseits von der Aktivitätskonzentration des Wasser-
körpers, andererseits aber auch von der Konzentration des suspen-
dierten Materials im Wasser ab.
Alle Proben im Einflußbereich der Elbe besitzen eine höhere spezi-
fische Aktivität (Alte Hever, Büsum), da das Wasser der Elbe im
Dezember immer noch höhere Konzentrationen aufweist als Weser oder
Ems. Besonders deutlich wird dieser Effekt in den Proben, die direkt
in der Elbe gewonnen wurden (Medemsand, Twielenfleth). Hier erreicht
die spezifische Aktivität von Cs 137 sogar einen Wert von 231 bzw.
350 Ba/kg. Der gefundene Unterschied ist auf den Einfluß der Tide
zurückzuführen. Beide Proben wurden während unterschiedlicher Phasen
des ablaufendem Wasser zentrifugiert.
Den Einfluß der Partikelkonzentration auf die adsorbierte spezifi-
sche Aktivität kann man besonders bei den beiden Proben von Twielen-
fleth beobachten. Bei höherer Partikelkonzentration verteilt sich
die adsorbierbare Aktivität auf eine größere Masse und führt damit
zu niedriger spezifischer Aktivität. Auch die Korngröße der Schweb-
stoffpartikel spielt bei der Adsorption der Nuklide eine große
Rolle.
Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, daß der Einfluß des Was-
sers aus der Elbe mit seiner höheren Aktivität sich nicht nur im
Wasser selbst (Abb. 22), sondern auch in den Schwebstoffproben der
Deutschen Bucht nachweisen.
Die Sedimentproben von Station 3 und 46 wurden bisher bis zu den
angegebenen Tiefen untersucht (Tab. 8). Beide Sedimente sind als
sandiges Sediment mit hohem Schlickanteil zu charakterisieren und
sollten deshalb in ihren Adsorptionseigenschaften vergleichbar sein.
In beiden Fällen sind die Nuklide, die für den Tschernobyl-Fallout
charakteristisch sind (Cs 134, Ru 103, Ru 106) bereits auf eine Tie-
fe von 3 bis 6 cm vorgedrungen. Ru 106 war allerdings auch schon vor
dem Unfall von Tschernobyl in Sedimentproben der Deutschen Bucht
nachweisbar. Das Eindringen der Tschernobyl-Aktivität in tiefere Se-
dimentschichten kann z.B. sowohl in Bioturbationseffekten, als auch
in Porenwasserdiffusion begründet 1iegen. Weitere Untersuchungen
werden hierüber Aufschluß geben.