Skip to main content

Full text: 62: Die Auswirkungen des Kernkraftwerkunfalles von Tschernobyl auf Nord- und Ostsee

d.4 Sediment- und Schwebstoffproben 
Das Sediment ist eine wesentliche Senke für den Verbleib von in das 
Meer eingetragenen Radionukliden. Je nach chemischen Eigenschaften 
der radioaktiven Elemente und je nach Schwebstoffbeschaffenheit 
reichern sich die entsprechenden radioaktiven Nuklide nach Sedimen- 
tation am Meeresboden an. Für eine Reihe von Nukliden bedeutet diese 
Anreicherung einen weitgehend irreversiblen Prozeß, durch den die 
Radioaktivität der Wassersäule "ausgekämmt"” und in der Meeresboden- 
Oberfläche konzentriert wird. Dies trifft beispielsweise für Ag 
110m, Zr 95/Nb 95, Mn 54, Co 60 und die Transurane, aber auch für 
die natürlichen Isotope wie z.B. Pb 210/Po 210 und Th 234 zu. Für 
die benthischen Organismen stellt diese Nuklidanreicherung die 
Hauptquelle zur Aufnahme von Radionukliden dar, die auf diesem Weg 
den wesentlichen Eingang in die Nahrungskette und damit in den 
Strahlenbelastungspfad des Meeres finden. 
Neben der Untersuchung des Verbleibs von Radionukliden im Meer kann 
der Fallout von Tschernobyl zum Studium von meeresgeologischen und 
sedimentbiologischen Vorgängen benutzt werden. Er hinterläßt in den 
Sedimenten von Nord- und Ostsee ein deutliches Signal, welches sich 
in den nächsten Jahren für Datierungszwecke heranziehen läßt. Die 
Falloutuntersuchungen lassen sich auch zum Studium von Bioturba- 
tionsprozessen in der Sedimentoberfläche heranziehen. Die dabei zu 
gewinnenden Erkenntnisse sind auf andere Schadstoffe übertragbar, so 
daß daraus allgemein gültige ökologische Aussagen gemacht werden 
können. Die Untersuchung von Sedimenten und Schwebstoffen wird daher 
in Zukunft verstärkt durchgeführt werden. 
Analysenergebnisse der Sedimentoberfläche eines am 8. August entnom- 
nenen Sedimentes aus der Nordsee im Schlickfallgebiet nordöstlich 
von Feuerschiff "Elbe 1" weisen auf die zu diesem Zeitpunkt erfolgte 
Kontamination hin. Die spezifische Aktivität von Cs 137, Cs 134, Ru 
106, Ag 1lO0m ist signifikant erhöht. Dagegen ist die Aktivität der 
Nuklide Co 60 und Sb 125 in der Probe weitgehend unverändert. Die 
Kontamination der Probe mit Cs 137 hat sich z.B. in der Oberflä- 
chenschicht von 1 cm Dicke von 13,7 Bq/kg im Januar 1986 auf 50,2 
Bqa/kg im August erhöht (siehe Tab. 7). Cs 134 war im Januar nicht 
nachweisbar. Im August enthielt die Probe dagegen eine spezifische 
Aktivität von 18,6 Ba/kg an Cs 134. 
In einer im August im gleichen Seegebiet entnommenen Schwebstoff- 
probe findet sich die gleiche Nuklidzusammensetzung wie in der 
Sedimentoberflächenprobe (Tab. 7 und 8). Die spezifische Aktivität 
der Schwebstoffprobe ist jedoch für die meisten Nuklide etwa doppelt 
so hoch wie bei der Sedimentprobe (Cs 137, Cs 134, Ru 103, Ru 106, 
Ag 110m). Dagegen unterscheiden sich die spezifischen Aktivitäten 
der bei dem Reaktorunfall nicht freigesetzten Nuklide Co 60 und Sb 
125 nur etwa um den Faktor 1,5 bzw. 1,4. Die Aktivitäten der natür- 
lichen Nuklide unterscheiden sich nur unerheblich (in der Tab. 7 
nicht angegeben). Damit ist der Schluß zulässig, daß durch Durchmi- 
schung der oberen Sedimentschicht im Sediment bereits eine "Verdün- 
nung" der von Tschernobyl freigesetzten Nuklide stattgefunden hat 
(z.B. durch Bioturbation).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.