Jahresbericht
Nr. 3 /1948
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II. SEEKARTENWERK UND NAUTISCHE GEODÄSIE
1. Allgemeines
Im letzten Jahresbericht konnte festgestellt werden, daß die Versorgung
der Schiffahrt mit Seekarten im Laufe des Jahres 1947 durch den Aufbau der
hierzu grundsätzlich erforderlidien Einrichtungen in Hamburg Tollerort
technisch gesichert wurde. Die Entwicklung hat diese Feststellung bestätigt.
Im Laufe des Jahres 1948 hat der technische Wiederaufbau des
Deutschen Seekartenwerks weitere wesentliche Fortschritte gemacht. Es ge
lang u. a. auch, die Reproduktion mit ihren vielfältigen Geräten für die photo
graphische Aufnahme der größten Formate, der Papier- und Metallkopie sowie
für Lichtpausarbeiten, und ferner die Einrichtungen für die Galvanoplastik,
die eine notwendige Voraussetzung für den Kupferstich darstellen, fertigzu
stellen. Wenn dies alles auch länger als erhofft dauerte, so kann es doch heute
als besonderer Glücksumstand bezeichnet werden, daß der Aufbau trotz der
den Behörden fehlenden Kompensationsmöglichkeiten im wesentlichen vor der
Währungsreform vor sich ging. Nach der Reform wäre es schwierig gewesen,
die notwendigen Mittel freizustellen. Seit dem 20. Juni sind nur noch kleinere
technische Ergänzungen notwendig geworden, die der Vervollständigung
dienten.
Große Sorge bereitet das Problem, wie das Deutsche Seekartenwerk am
besten und schnellsten aus der Veralterung erlöst werden kann, in die es nun
mehr fast 10 Jahre Krieg und Kriegsfolgen gebracht haben. Wie bereits aus
geführt, wurden die technischen Einrichtungen des Seekartenwerks wegen der
zeitbedingten Verhältnisse insgesamt erst im späten Frühjahr 1948, ja zum
Teil erst kurz vor der Währungsreform benutzbar. Bis dahin konnten in den
deutschen Seekarten wegen des Fehlens der technischen Hilfsmittel im wesent
lichen nur die Änderungen der Seezeichen und Leuchtfeuerkennungen sowie
die sonstigen für die Schiffahrt und die Hochseefischerei wichtigen kleinen
Veränderungen fortgeführt werden. Diese wurden in die an sich nur für den
Auflagendruck bestimmten Aluminiumplatten durch Korrekturzeichnungen
eingetragen. Neuere Vermessungen konnten nur in sehr bescheidenem Um
fange und nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Es erscheint unnötig,
besonders auszuführen, daß es lediglich möglich war, die von der Schiffahrt
besonders dringend benötigten Karten zu bearbeiten.
Dieses von den Verhältnissen erzwungene Vorgehen hatte zwei große
Nachteile. Erstens wurden gerade die gebräuchlichsten Seekarten durch die
ständige Benutzung derselben Maschinenplatte für den Auflagendruck immer
undeutlicher und schwerer lesbar. Zweitens blieb die Wiedergabe der Tiefen
verhältnisse auf den Seekarten gegen die tatsächlichen Verhältnisse immer
weiter zurück, so daß an manchen Stellen die neu betonnten Fahrwasser nadi
den Seekarten über Untiefen oder sogar über Watt führen. Diese Umstände
bringen eine Unsicherheit in der Schiffsführung mit sich, gefährden mithin
die Schiffssicherheit und sind geeignet, die Aditung, die man den deutschen
Seekarten auch im Ausland stets entgegengebracht hat, und das Vertrauen zu
ihnen zu erschüttern.
Das Seekartenwerk ist seit der Erstellung der technischen Hilfsmittel mit
allen verbliebenen kartographischen und technischen Kräften und unter Aus
nutzung jeder technischen Möglichkeit bemüht, in den erhalten gebliebenen
Kupferstichoriginalen die inzwischen im In- und Ausland vorgenommenen
Vermessungen einzuarbeiten. Insgesamt sind für das für die deutsche
Schiffahrt zugelassene Gebiet etwa 400 Deutsche Seekarten fortzuführen. Es