Jahresbericht
Nr. 4/1949
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II. SEEKARTENWERK UND NAUTISCHE GEODÄSIE
1. Allgemeines
In das Jahr 1949 fiel das 200-jährige Jubiläum des ersten preußischen
Seeatlasses, der im Jahre 1749 unter Förderung der Preußischen Akademie
der Wissenschaften von ihrem damaligen Kurator Samuel Reichsgraf
von Schmettau herausgegeben wurde.*)
Im Laufe des Berichtsjahres hat das deutsche Seekartenwerk zweimal
eine Ausweitung seiner Arbeiten erfahren, am 1. Mai durch die Inangriff
nahme der Fortführung der deutschen Seekarten für den Kanal, die Irische
See und die Westküsten von Irland, England und Schottland, am 17. Juni
durch die Freigabe der Fortführung der deutschen Seekarten für die Spanien-
und Mittelmeerfahrt. Am 1. Juli 1949 fielen bekanntlich alle geographischen
Beschränkungen für die deutsche Schiffahrt. Das Seekartenwerk mußte sich
jedoch aus den unten dar gelegten Gründen auf die Wiederaufnahme der
bis zu diesem Zeitpunkt freigegebenen Arbeiten, also auf die deutschen See
karten der europäischen Gewässer beschränken (s. Anlage 2).
Arbeitstechnisch wurden die neuen Aufgaben durch Bildung von zwei
neuen Kartengruppen und Aufteilung des vorhandenen, aber schon für die
bisherigen Aufgaben zu knapp bemessenen kartographischen Personals in
Angriff genommen. Zu den bisher vorhandenen drei Kartengruppen 1, „Ost
see”, 2, „Gewässer zwischen Ost- und Nordsee” und 3, „Nordsee, Britische
Inseln und Europäisches Nordmeer” trat im Mai die Kartengruppe 4, „Nord
westeuropäische Meere” für clie Bearbeitung der Karten des Kanals, der Bri
tischen Inseln, des Europäisdien Nordmeeres und des Nordpolarmeeres bis
50° ö. Gr. Die Kartengruppe „Nordsee” wurde hierdurch auf die engere
Nordsee begrenzt und für die in diesem Gebiet besonders stark anfallenden
wichtigen Fortführungsarbeiten entlastet. Im Juli mußte die neue Karten
gruppe 4 ihre Arbeiten auf die westeuropäischen Meere ausdehnen. Sie er
hielt die Bezeichnung „Nord- und Westeuropäische Meere”. Gleichzeitig
wurde die Kartengruppe 5, „Mittelmeer”, wenn auch zunächst nur mit einem
Sachbearbeiter, neu eingerichtet.
Zum größten Bedauern des Instituts konnte der erheblichen Ausweitung
der Arbeitsgebiete und den hierdurch sich zwangsläufig ergebenden neuen
Aufgaben trotz des von allen Seiten gezeigten Verständnisses haushaltsmäßig
bis heute noch nicht Rechnung getragen werden. Es besteht leider auch keine
Aussicht, daß vor der Genehmigüng des Haushalts für das Rechnungsjahr
1950 die Bereitstellung ■ der für die Bearbeitung des erweiterten Gebietes er
forderlichen Fachkräfte und Geldmittel möglich wird. Die Lage des See
kartenwerks ist hierdurch äußerst schwierig geworden. Das bis zum Juni
freigegebene Arbeitsgebiet umfaßte rd. 400 verschiedene Seekarten, die aus
der Veralterung, die der Krieg und die Nachkriegszeit mit sich gebracht
haben, zu lösen sind. Hierüber gibt der Jahresbericht für 1948 Auskunft.
Schon für diese Aufgabe reichten die personellen und sächlichen Mittel nicht
aus. Durch die letzte Erweiterung traten 200 weitere Karten hinzu, deren
Veralterung noch stärker ist, weil an ihnen von 1945 bis heute überhaupt
nichts getan werden konnte.
In dem neuen Bereich konnte zunächst nur mit den dringlichsten karto
graphischen Fortführungsarbeiten begonnen werden, clie nicht zu umgehen
waren, weil clie Kartographie an den Nachrichten für Seefahrer, die diese
Gebiete betreffen, mitarbeiten mußte. Selbst die durch die N. f. S. bekannt
*) Vgl. F. R. Jung in: ,,Deutsche Hydrographische Zeitschrift” (s. Anhang S. 69).