Hansische Veröffentlichungen und nautische Nachrichten
ist zu entnehmen, daß es dem deutschen hydrographischen Dienst in den Jahren
nach 1871 gelungen war, sich einen ebenbürtigen Platz neben den hydrogra
phischen Diensten älterer Schiffahrtsnationen zu erringen, Deutsche Schiffe
wurden auf deutschen Werften gebaut und möglichst mit deutschen Seekarten
und Seehandbüchern ausgerüstet. Vollendet war das Seehandbuchwerk jedoch
weder 1913 noch 1939. In vielen Fahrtgebieten blieb die deutsche Handels
flotte auf den,Gebrauch englischer oder amerikanischer Unterlagen angewie
sen. Zwei Kriege haben außerdem viel zerschlagen. Deutschlands Handelsflot
te hatte jedoch im Jahre 1961 ihren Vorkriegstonnagestand erreicht und so
gar leicht überschritten. Deutsche Schiffe bedienen wieder 600 Häfen in
110 Ländern. Neu hinzugekommen sind die Fahrt nach den Großen Seen und die
Fischereifangplätze im Bereich Grönland - Neufundland.
Deutsche Trampschiffe befahren alle Meere und 1100 Schiffe der Küsten
schiffahrt die Nord- und Ostsee. Die Hochseefischerei verfügt über 187
moderne Fischdampfer und die Bundesmarine über 220 Schiffseinheiten. Ein
schöner Erfolg. Nur das Seehandbuchwerk hat aus personellen Gründen sei
nen alten Stand nicht wieder erreichen können und hinkt den Forderungen
der seefahrenden Praxis bedenklich nach. Es umfaßt anstatt 60 nur 45 Hand
bücher.
Diese gegenwärtig zur Verfügung stehenden Bände werden durch 2-jährige
Nachträge auf den laufenden Stand gebracht. Doch immer wieder werden Kla
gen der seefahrenden Nautiker laut, daß viele Seehandbücher zu alt und we
gen der umfangreichen Nachträge fast unlesbar geworden sind. Sie empfehlen
die Einführung von Handbüchern in Ringbuchform nach amerikanischem Muster.
Diese Vorschläge wurden eingehend geprüft und festgestellt, daß der erziel
te Nutzen in keinem Verhältnis zu den erforderlichen Ausgaben durch Perso
nalvermehrung und Ausdehnung der Betriebsräume steht. England hat bis heu
te, wahrscheinlich auch aus sehr überlegten Gründen, keine Seehandbücher in
Ringbuchform herausgegeben. Selbst die U.S.A. haben bereits gewisse Ein
schränkungen in ihrem weltweiten Ringbuchwerk einführen müssen. Die Prüfung
hat jedoch auch ergeben, daß bis zum Ausbruch des letzten Krieges die mitt
lere Laufzeit eines Seehandbuchs etwa 14 Jahre betrug. Diese Zeitspanne
ist heute zu lang, weil der Welthandel sich vervielfachte, alte Häfen moder
nisiert und neue in allen Teilen der Welt errichtet wurden. Auf die Hand
bücher bezogen, bedeutet dies steigende Berichtigungen und umfassende Nach
träge. Aus diesem Grunde kann die Laufzeit eines Seehandbuchs höchstens 10
Jahre betragen. Wie sieht es nun bei uns aus? Von den 45 Bänden werden 25
für europäische und 20 für außereuropäische Gewässer geführt; 23 sind we
niger als 10 Jahre alt, 4 zwischen 10-20, 15 zwischen 20 - 30 und 3 mehr
als 30 Jahre alt. Aus diesen Zahlen ist zu ersehen, in welchen Engpaß das
Seehandbuchwerk geraten ist und daß ohne größere sächliche und personelle
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