Zur Meeresforschung
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die Zeiten, in denen sich. Meereis unter den verschiedenen Wetterbedingungen
bildet, und in denen es schmilzt, wenig bekannt. Die für die Schiffahrt
gefährlichen und laufend überwachten Eisberge im Seegebiet um Neufundland
entstammen dem Inlandeis Grönlands. Ihr Weg und ihre Lebensdauer wird von
den Strömungs- und Temperaturverhältnissen im labrador- und Nordatlantischen
Strom bestimmt.
Noch verlaufen die Handelsschiffswege an der Meeresoberfläche, deren mitt
lere Strömungs-, Salzgehalts- und Temperaturverhältnisse wir wenigstens in
großen Zügen übersehen. Sollte es in absehbarer Zeit wirtschaftlicher werden,
auch für den Handel große, reaktorgetriebene U-Boote einzusetzen, so können
für diese bisher keine äquivalenten Strömungskarten zur Verfügung gestellt
werden. Die Entdeckung des Cromwellstromes im Pazifischen Ozean, der längs
des .Äquators in Tiefen zwischen 30 und 300 m mit Geschwindigkeiten bis zu
3 kn unter dem nach Westen setzenden Südäquatorialstrom nach Osten setzt und
der rund 40 Mill. Kubikmeter Wasser pro Sekunde transportiert, hat gezeigt,
welche Überraschungen uns in der Meeresforschung noch bevorstehen.
Das Meer als Nahrungs- und Rohstoffquelle — 1980 werden auf der Erde vor
aussichtlich 4-5 Milliarden Menschen leben und das bereits heute schwieri
ge Emährungsproblem wird dann die Kernfrage der Menschheit sein und ihre
soziale Struktur entscheidend beeinflussen. Die Pood and Agriculture Organi
zation of the United Nations (PA0) hat seit langem Untersuchungen über die
Möglichkeiten der Steigerung der Nahrungsproduktion angestellt und ist zu dem
Ergebnis gekommen, daß die schnellste Steigerung in der Fischerei möglich ist.
Die Erträge, die seit Beginn des Jahrhunderts bereits von 4 auf 30 Millionen
Tonnen im Jahr gestiegen sind, werden bis Ende des Jahrhunderts voraussicht
lich auf 60 - 80 Millionen Tonnen anwachsen und können so entscheidend zur
Versorgung der Bevölkerung mit tierischem Eiweiß beitragen. Das Verhalten der
Fische wird weitgehend von den hydrographischen und chemischen Faktoren ih
rer Umwelt bestimmt. Fische sind das Endprodukt einer Nahrungskette und re
präsentieren aber nur einen Bruchteil der Primärproduktion organischer Sub
stanz, die wiederum vom Nährstoffangebot in der sonnendurchstrahlten Ober
flächenschicht des Meeres abhängt. Hydrographische und chemische Untersuchun
gen sind somit eine wesentliche Grundlage der Fischereibiologie. Diese Er
kenntnis, die sich in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt hat, hat zahlreiche
gemeinsame hydrographisch-biologische Forschungsfahrten in nationalem und
internationalem Rahmen zur Folge gehabt, Infolge der Entwicklung der Schiffs-
und Fangtechnik hat sich die Fischerei immer mehr aus den Küstengebieten auf
die hohe See verlagert. Die deutsche Fischerei erstreckt sich heute von der