Jahresbericht Nr. 19/1964
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Während für alle seegehenden. Schiffe die Ausrüstung mit mindestens einem
geprüften Magnetkompaß zwingend vorgeschrieben ist, existiert für den Krei
selkompaß einstweilen weder eine Ausrüstungs- noch eine Prüfpflicht. Dennoch
hat der Kreiselkompaß, der in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg vorwiegend
auf Kriegsschiffen und vereinzelt auch auf großen Passagier- und Handels
schiffen anzutreffen war, nach dem zweiten Weltkrieg immer größere Verwen
dung gefunden; heute ist er auf fast allen Handelsschiffen zu finden, viel
fach in Verbindung mit einem Selbsteuer und zur Kurseingabe in Punkpeil-
und Radargeräte.
Mit zunehmender Verwendung des Kreiselkompasses stieg die Inanspruch
nahme des Prüfdienstes des DHI. Während bei der Einzelprüfung der Kompaß
systeme (Kreiselkugeln) in erster Dinie herstellungsmäßig bedingte Mängel
festgestellt und behoben werden sollen, geht es bei der Bäumusterprüfung
von Kreiselkompassen vor allem um die Aufdeckung und Beseitigung prinzi
pieller Mängel und um die Feststellung der Leistungsgrenzen. Für derartige
Prüfungen sind in der Regel relativ umfangreiche Untersuchungen mit ver
schiedensten Mitteln erforderlich; Zur Nachahmung der mechanischen und
elektrischen Beanspruchungen, denen Kreiselkompasse bei Seegang ausgesetzt
sind, stehen im Untersuchungslaboratorium und im Prüffeld Gier- und Schlin
gertische, Schaukelbahnen und Rütteltische, sowie Einrichtungen zur Varia
tion oder Vorgabe der elektrischen Antriebsbedingungen zur Verfügung. Um
die Wirkung länger anhaltender Beschleunigungen in gerader Richtung auf
das Verhalten des Gerätes festzustellen, benötigt man dagegen ein Fahrzeug.
Der aufwendige Einsatz eines Schiffes kann hierbei in vielen Fällen durch
ein Straßenfahrzeug umgangen werden, das darüber hinaus noch Vorteile bie
tet: Schnelle Einsatzbereitschaft unabhängig von erschwerenden Wetterbe
dingungen, genaue Geschwindigkeits- und Kursbestimmungen, große Anfahr-
und Bremsbeschleunigungen, scharfe Kursänderungen usw.. Diese Untersuchungs
methode .wurde vom DHI konzipiert. Messungen auf Autobahnen und im Labora
torium brachten zahlreiche neue Ergebnisse, die den Herstellerfirmen hin
sichtlich der Steigerung der Anzeigegenauigkeit ihrer Kreiselkompasse sehr
nützlich sind. Die industrielle Entwicklung von Geräten, die großen Be
schleunigungen ausgesetzt sind, ist für schnelle Fahrzeuge geboten.
Als empirische Grundlage für derartige Untersuchungen und Prüfungen
müssen an Schiffsbeschleunigungen gemessen und registriert werden: die
translatorischen und Drehschwingungs-Vibrationen, die Schlinger-, Stampf-
und Gierwinkel, die horizontbezogenen Beschleunigungskomponenten, die
Anfahr- und Stopbeschleunigungen und die Schiffsquerbeschleunigungen bei
Kursänderungen. Die Analyse des Registriermaterials erfolgt nach Spektral
und Häufigkeitsverteilung sowie nach Korrelationsverhalten zu verwandten
kinematischen Aufzeichnungen. Sie gibt Aufschluß nicht nur über die an Bord