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3.6. Kohonen-Netze
An dieser Stelle wird nun im Detail auf die Kohonen-Netze bzw. die selbstorganisierenden
Merkmalskarten eingegangen. Die Beschreibung wird neurophysiologisch motiviert und ist
im wesentlichen dem Buch von Ritter et al. entnommen [Ritter et al. 92].
3.6.1. Sensorische Karten
Bei den selbstorganisierenden Merkmalskarten handelt es sich um Modelle, bei denen die
Anordnung der Neuronen (z.B. in einer zweidimensionalen Schicht) eine wichtige Rolle
spielt. Dabei geht es um die Frage, wie die Neuronen ihre Verschaltung organisieren müssen,
damit die räumliche Verteilung ihres Ansprechverhaltens über die Schicht optimiert wird. Ziel
der Optimierung ist dabei die Umsetzung von Signalähnlichkeit in Lagenachbarschaft erregter
Neuronen. Neuronen mit ähnlichen Aufgaben können dadurch über besonders kurze Ver
bindungswege kommunizieren. Dies ist eine für ein massiv paralleles System sehr wichtige
Eigenschaft. Weiterhin ergeben sich als Folge einer solchen Optimierung topographische
Karten der sensorischen Eingangssignale (sensorisch, weil sie z.B. von den Augen oder
Ohren stammen), in denen die wichtigsten Ähnlichkeitsrelationen zwischen den Eingangs
signalen in Lagerelationen der jeweils ansprechenden Neuronen umgesetzt sind. Dies
entspricht einer Abstraktionsleistung, die unwesentliche Einzelheiten unterdrückt und die
wichtigsten Eigenschaften oder "Merkmale" entlang der Kartendimensionen abbildet und
berührt damit das wichtige Problem der Bildung interner Datenrepräsentationen. Im Gegen
satz zu Modellen, die häufig mehr oder weniger biologische Detailtreue als Anliegen haben,
bietet das Modell von Kohonen einen abstrakteren und zugleich allgemeineren Ansatz zur
Bildung selbstorganisierender Merkmalskarten.
Das Modell geht von einer in der Regel zweidimensionalen Neuronenschicht A aus. Durch
die Schicht laufen "d" Eingangsfasern (Axone), die das Eingangssignal heranführen und die
Neuronen der Schicht über synaptische Verbindungen erregen oder hemmen (Abb.3.3). Ein
einlaufendes Signal v wird durch die mittleren Aktivitäten v, der einzelnen Eingangsfasern
1=1,2,... gegeben. Die Neuronen der Schicht werden durch ihre zweidimensionalen Orts
vektoren r = (x,y) e A identifiziert. Jedes Neuron r bildet in seinem Dendritenbaum eine
gewichtete Summe EjW^v, der einlaufenden Aktivitäten v,, wobei w rl die Synapsenstärke
zwischen Axon 1 und Neuron r wiedergibt. Für eine erregende Synapse ist w rl positiv, für
eine hemmende Synapse negativ. Die resultierende Erregung eines isolierten Neurons r wird
durch die Neuronenaktivität f r beschrieben. Wie bei den Backpropagation-Netzen ist f r eine
sigmoide Funktion g(.) der Eingangssignale und der Gewichte
fXv) = o(2 w r ,v,-6). (3.1)
l
Die Größe 9 verschiebt den "Erregungsnullpunkt" und hat daher die Bedeutung einer
Erregungsschwelle, unterhalb derer das Neuron nur noch schwach reagiert.
Zusätzlich zu der Kopplung an die Eingangsfasern stehen die Neuronen auch untereinander
über gegenseitige Synapsen in Verbindung. Dadurch ergibt sich eine Rückkopplung der
Schicht auf sich selbst. Bezeichnet g rr - die Kopplungsstärke von Neuron r’ zu Neuron r. so
liefert eine Erregung f r . von Neuron r’ einen Beitrag von g rr .f r . zum gesamten Eingangssignal
von Neuron r. Die Beiträge aller Schichtneuronen r überlagern sich additiv dem äußeren
Eingangssignal E,w rl v,. Im stationären Fall sind die Neuronenaktivitäten f r daher die Lösungen
des nichtlinearen Gleichungssystems