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Terschelling wird als Indikator für den Fernwellenanteil des Staus bei Cuxhaven verwendet.
Dieser Anwendung liegt die Voraussetzung zugrunde, daß bei beiden Orten, d.h. bei West-
Terschelling und bei Cuxhaven der gleiche Wind herrscht und somit in etwa den gleichen
Windstau erzeugt. Bei einem Frontdurchgang ist diese Voraussetzung jedoch nicht mehr
erfüllt. Darum liefern die Netze in diesem Fall eine zu große Abweichung vom gemessenen
Stau. Genausowenig dürfen die Windprognosen, die vom Seewetteramt stammen und die die
Vorhersage des Staus maßgeblich beeinflussen, unreflektiert übernommen werden. Es kann
Situationen geben, in denen die Ozeanographen des Wasserstandsvorhersagedienstes aufgrund
ihrer Erfahrung einen anderen Wind für die Stauvorhersage annehmen würden als die
Meteorologen des Seewetteramts prognostizieren.
Zum Abschluß der vorliegenden Arbeit werden noch ein paar Wege aufgezeigt, durch die
die Wasserstandsvorhersage noch weiter verbessert werden könnte. Die einfachste Verbes
serung schließt direkt an die drei ausgelernten Kohonen-Netze an. Die vorhergesagten stündli
chen Werte könnten in ihrer Genauigkeit verbessert werden, wenn die vorhergesagten Werte
zu den Hoch- und Niedrigwasserzeitpunkten in sie eingebunden werden würden. Diese Werte
selbst könnten weiter verbessert werden, wenn nicht nur ein Kohonen-Netz jeweils für Hoch-
und Niedrigwasser, sondern auch jeweils für auf- und ablandige Winde trainiert werden
würde. Bei dem statistischen Modell des Gesamtansatzes wurde zwischen auf- und ablandi
gen Winden unterschieden, bei den Kohonen-Netzen bisher nicht.
Die Ergebnisse weisen darauf hin. daß die Wasserstandsvorhersage mindestens auf zwei
Wegen noch weiter verbessert werden könnte: Durch eine erweiterte Datenbasis und durch
leistungsfähigere Computer. Für das zukünftige Anlernen von Kohonen-Netzen mit erweiter
ten Datenbasen wird empfohlen, Parallelrechner einzusetzen. Es wird sogar angeraten,
Parallelrechner zu verwenden, die speziell für neuronale Netze entwickelt worden sind. Dazu
gehört z.B. der Computer SYNAPSE von Siemens Nixdorf Informationssysteme AG (SNI).
Aufgrund der speziellen Architektur ist das Betriebssystem etwas anders konstruiert als bei
nicht spezialisierten Parallelrechnern. Praktische Erfahrungen wurden mit dem Synapse-
Rechner bisher nicht gewonnen. Nach bisheriger Information stellt sich die Handhabung der
Software (NeuroNet) als nicht allzu schwierig dar. Solche Rechner werden von SNI für Ver
suchszwecke zur Verfügung gestellt.
Ein dritter und letzter Weg, auf dem die Wasserstandsvorhersage noch weiter verbessert
werden könnte, sind die Kohonen-Netze selbst. Möglicherweise werden sie in naher Zukunft
noch weiter ausgefeilt. Dies kann aber z.Zt. nicht überblickt werden. Dagegen zeichnet sich
bereits eine andersgeartete Anwendung der Kohonen-Netze ab, die die Wasserstandsvorhersa
ge weniger auf quantitative, dafür aber mehr auf qualitative Weise verbessern könnte. Es
wird z.Zt. an einem Verfahren gearbeitet, das es erlaubt, aus den Kohonen-Netzen nicht nur
statisch kausale Regeln abzuleiten (sig*-Verfahren), sondern auch temporal kausale Regeln,
d.h. Regeln, die auf den zeitlichen Kontext bezogen sind [Guimaraes, pers. Komm.]. Mit
Hilfe solch eines Regelgenerators könnten aus ausgelernten Kohonen-Netzen Regeln für die
Wasserstandsvorhersage extrahiert werden.