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3.1. Seekartenwerk
War ursprünglich das Seebuch das alleinige und viele Jahrhunderte das bedeutendste
Auskunftsdokument für den Seefahrer, so nimmt heute die Seekarte den ersten Rang
ein. Sie enthält die wesentlichsten Angaben für die Navigation, insbesondere zur
Bestimmung und Darstellung des Standortes sowie zum Absetzen eines sicheren
Kurses. Die moderne Navigationskarte ist eindeutig auf den Zweck der Schiffsführung
orientiert und berücksichtigt weitergehende Interessen nicht besonders.
Zu den Seekarten zählen auch die verschiedenen nautischen Hilfs- und Sonderkarten,
von denen ein Teil nur militärischen Zwecken dient.
1. Entwicklung des Seekartenwerkes der Deutschen Demokratischen Republik
Die ersten Vorarbeiten zum Aufbau eines eigenen Seekartenwerkes sind 1948 in
Angriff genommen worden; sie beschränkten sich vor allem auf die Sammlung see-
kartographisdier Grundlagen. Da bis 1947 sämtliche Unterlagen und Vermessungs
ergebnisse gemäß Beschluß des Alliierten Kontrollrates an das D.H.I. in Hamburg
übergeben worden waren (vgl. S. 5), bereitete der Aufbau eines eigenen Karten- und
Vermessungsarchivs in der damaligen sowjetischen Besatzungszone erhebliche
Schwierigkeiten. Ab 1949 erfolgte dann die Herausgabe von aus der Zeit vor 1945
fortgeführten und auf den neuesten Stand gebrachten alten deutschen Seekarten
unserer Küste unter Verwendung erster eigener Seevermessungen.
Nach Gründung des Seehydrographischen Dienstes der DDR wurden die seekarto
graphischen Arbeiten intensiviert. Die bisherige Entwicklung des Seekartenwerkes
läßt sich in die Etappen des Aufbaus (1950 bis 1962) sowie der Erneuerung und
Modernisierung (ab 19G2) gliedern.
Aufbau des Seekartenwerkes von 1950 bis 1961
Bereits 1951 erschienen die ersten vom Seehydrographischen Dienst der DDR bearbei
teten 4 Seekarten im Maßstab 1:100 000 und 2 Seekarten im Maßstab 1:300 000 der vor
unserer Küste liegenden Seegebiete. Insbesondere die dargestellten Tiefen in diesen
Karten entsprachen teilweise nicht dem neuesten Stand, da nur wenige Neuvermes
sungen zur Berichtigung herangezogen werden konnten.
Die Herstellung eigener Seekarten beschränkte sich zunächst auf den Raum der west
lichen Ostsee sowie der Sund- und Beltzone. Für die übrigen Gebiete der Ost- und
Nordsee und des Nordatlantiks, der Barentssee und des Mittelmeeres wurden berich
tigte Nachdrucke vorliegender deutscher Seekarten herausgegeben. Bis 1959 waren
47 eigene und 138 Nachdruckseekarten erschienen.
In den Jahren 1958/59 wurden außerdem einige sowjetische Seekarten der Ostseeküste
der UdSSR als Faksimile-Ausgaben mit deutscher Beschriftung herausgegeben. Die
schnelle Ausdehnung des Kartenwerkes führte im Zusammenhang mit der Entwick
lung des Seeverkehrs und der Zunahme der nautischen Informationen zu Problemen
bei der Laufendhaltung. Das Kartenwerk entsprach in großen Teilen bald nicht mehr
den Anforderungen unserer schnell wachsenden Handels- und Fischereiflotte.
Erneuerung und Modernisierung des Kartenwerkes von 1962 bis 1975
Ab 1962 wurde unter Berücksichtigung sowohl der internationalen Entwicklung der
Schiffahrt, der Navigationsverfahren, der Seevermessung und der Kartographie als