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43. Jahresbericht Deutsches Hydrographisches Institut 1988
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Meereskunde der Universität Hamburg
wurde die räumliche und zeitliche Variabilität der Schwermetallkonzentrationen in
der Deutschen Bucht für die Jahre 1980 bis 1985 bearbeitet und publiziert.
1988 erschien ein grundlegendes wissenschaftliches Werk über die Verschmutzung
der Nordsee: „Pollution of the North Sea. An Assessment“. Das besonders umfang
reiche Kapitel „Distribution and Fate of Heavy Metals in the North Sea“ wurde im
DHI mit verfaßt. Erstmals konnte hier eine umfassende Darstellung der neuesten
Daten und modernen Methoden präsentiert werden.
Die wichtigsten Ergebnisse sind, daß klare regionale Unterschiede der Konzentra
tion von Schwermetallen wie Cadmium und Blei in der Atmosphäre, im Wasser, in
den Schwebstoffen und Sedimenten der gesamten Nordsee bestehen. Die Metall
konzentration in der Atmosphäre, im Wasser und im Sediment tendiert dazu, vom
Land und den Küstengebieten zur offenen See hin abzunehmen. Korrelationsunter
suchungen bestätigen die Annahme, daß Schwermetalle in der offenen Nordsee von
verschiedenen (natürlichen und anthropogenen) Quellen stammen und von ver
schiedenen Trägerphasen transportiert werden.
Das Scientific Committee for the Global Investigation of Pollution in the Marine En
vironment (GIPME) der Intergovemmental Oceanographic Commission (IOC) führt
unter Federführung des DHI eine Baseline Studie über die Konzentrationen von
schädlichen Schwermetallen in den wichtigsten Wasserkörpem und Oberflächen
strömungssystemen des Atlantischen Ozeans durch. Zur Charakterisierung der Tie-
fenwassermassen sollen etwa 10 Stationen im Laufe der kommenden Jahre unter
sucht werden.
2.2,3.2 Radioaktivität des Meeres
Allgemeines:
Die Überwachung radioaktiver Substanzen in Nord- und Ostsee wurde 1988 fortge
setzt. Ziel war es, die Veränderung der Kontamination des Meeres einerseits durch
die europäischen Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague (Frankreich) und Sella-
field (Großbritannien), andererseits durch den Reaktorunfall von Tschernobyl 1986
in Nord- und Ostsee zu verfolgen. Die Überwachung bezog sich auf das Wasser, den
Schwebstoff und das Sediment. Für die Untersuchung des Wassers dienten beson
ders die Nuklide Csl34, Csl37, Sr90, Tritium, Pu239/240, Pu238 und Am241 als
Leitnuklide zur Verfolgung der verschiedenen Kontaminationen des Meerwassers.
Schwebstoff und Sediment wurden überwiegend gammaspektrometrisch analy
siert.
Die Kontamination durch den Reaktorunfall von Tschernobyl ist im Wasser der
Nordsee 1988 fast nicht mehr nachzuweisen. Lediglich in den Oberflächensedimen
ten der Deutschen Bucht lassen sich noch Cs 134 und Ru 106 bestimmen, die auf
Tschernobyl zurückgeführt werden können. Hier überwiegt aber bei weitem die
Kontamination durch die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague mit
Cs 137, Sbl25, Co60 und Rul06.
Die Kontamination der Ostsee mit künstlichen Radionukliden war in den Vorjahren
hauptsächlich durch die oberirdischen Kernwaffentests der sechziger Jahre be
stimmt. Nach dem Unfall von Tschernobyl hat sich das Inventar der Ostsee an künst
lichen Radionukliden drastisch erhöht. Dieser Eintrag wird in der Ostsee über län
gere Zeit verbleiben, da der Wasseraustausch mit den offenen Wassermassen des
Nordatlantiks durch die Beltsee stark eingeschränkt ist. Dementsprechend ging die
Kontamination der Ostsee durch den Reaktorunfall erheblich langsamer zurück.
Der Schwerpunkt des Fallout lag jedoch in der nördlichen Ostsee.