Meereskunde
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Im Wasser der südlichen Nordsee konnten nur noch geringe Spuren des Reaktor
unfalls von Tschernobyl nachgewiesen werden. Die Aktivitätskonzentration des
typischen Nuklids Cs 134 lag hier im Januar zwischen 1,6 und 6 mBq/1, wobei in
den Einflußbereichen der Flüsse Rhein und Elbe leicht höhere Werte zu verzeich
nen waren. Entlang der Nordfriesischen Küste wurde noch eine Aktivitätskonzen
tration zwischen 10 und 20 mBq/1 gemessen. Die entsprechenden Werte für Cs 137
in der Deutschen Bucht lagen zwischen 18 und 27 mBq/1, wobei im Elbe-Abstrom
entlang der Schleswig-Holsteinischen Küste eine Konzentration bis 53 mBq/1 er
mittelt wurde. Zwischen Januar und Oktober ging die Aktivitätskonzentration in
den Küstengewässera leicht zurück, so daß die Cs-137-Aktivitätskonzentration in
der inneren Deutschen Bucht nur noch 15 mBq/1 erreichte.
Die Konzentration von Sr 90 entlang des Küstenstreifens vom Kanal bis in die
Deutsche Bucht zeigt stark wechselnde Werte. Diese werden durch die Einleitun
gen der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague bestimmt. Sie schwankten zwischen
14 und 41 mBq/1, In der westlichen Ostsee wurde für Sr 90 eine typische Aktivitäts
konzentration zwischen 14 und 19 mBq/1 bestimmt. Sie ist damit gegenüber den
Vorjahren unverändert geblieben.
In der westlichen Ostsee wurde die Aktivitätskonzentration der Vorjahre noch
nicht wieder erreicht, sie übersteigt jedoch 1987 die Werte vor dem Reaktorunfall
von Tschernobyl nur noch geringfügig. Im April wurde die Cs-137-Konzentratiön
mit Werten zwischen 56 und 74 mBq/1 und für Cs 134 zwischen 18 und 23 mBq/I
(Abb. 19) ermittelt. Infolge des Vordringens höher kontaminierter Wassermassen
aus der nördlichen Ostsee stieg die Konzentration im Laufe des Jahres erwartungs
gemäß wieder leicht an.
Großräumige radiologische Untersuchungen:
Zur Beurteilung der großräumigen Verteilung künstlicher Radionuklide und zur
frühzeitigen Vorhersage einer möglichen Verfrachtung einer höheren Radioaktivi-
tätskonzentration in den deutschen Küstenbereich durch Meeresströmungen wur
den in den Gebieten Nordsee, Kanal, Skagerrak, Kattegat und Ostsee Wasserpro-
ben entnommen. Die Untersuchung der Ostsee setzte die für das Helsinki-Oberein
kommen (HELCOM) begonnene Arbeit fort, um die Veränderung der Verteilung
des Tschernobyl-Fallout in der Ostsee weiter zu verfolgen. An der Reise auf VWFS
„Atair“ beteiligten sich diesmal Forscher aus der DDR und Schweden,
In der Ostsee war festzustellen, daß die hohe Aktivitätskonzentration aus dem
Jahr 1986 mit etwa 900 mBq/1 in der Älandsee auf etwa 300 mBq/1 Cs 137 im
Oberflächenwasser zurückgegangen war, daß sich jedoch die kontaminierten Was
sermassen gleichzeitig mit den Meeresströmungen nach Süden und Norden ver
teilten. Im südlichen Teil der Ostsee kann damit auch in der nächsten Zeit mit
einem weiteren Ansteigen der Aktivitätskonzentration gerechnet werden. In der
Ostsee übersteigt die gemessene Aktivitätskonzentration die Werte, die in den
früheren Jahren gemessen wurden, noch erheblich.
Radioaktivität im Sediment und Schwebstoff:
Auf mehreren Reisen mit FS „Gauß“ wurden aus der gesamten Nordsee und aus
dem Skagerrak Schwebstoffproben mit der an Bord befindlichen Durchflußzentri
fuge entnommen und auf natürliche und künstliche Radionuklide untersucht.
Hierbei zeigte sich, daß die spezifische Aktivität der Schwebstoffproben von der
Aktivitätskonzentration des umgebenden Wassers, von der Schwebstoffkonzentra
tion im Wasser und von der Resuspension aus der Sedimentoberfläche abhängt.
Im Oktober ergaben sich in der Nordsee spezifische Aktivitäten zwischen 13 und
50 Bq/kg (Trockenmasse) für das Nuklid Cs 137 (Abb. 20). Im Einflußbereich der