Meereskunde
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Anfang 1977 beteiligte sich das Fachgebiet an dem internationalen Programm
CINECA '7 7 („Meteor"-Fahrt Nr. 44). Die Aufgabe der Meereschemiker be
stand darin, Auftriebswasser der unterschiedlichsten Entwicklungsstadien zu
untersuchen. Bei der Auswertung werden Zeitreihen für die chemischen Verände
rungen im Auftriebswasser aufgestellt und Korrelationen zwischen den einzelnen
chemischen Größen aufgezeigt.
2.3.6.2 Untersuchungen über die Verschmutzung des Meerwassers
Seit Mai 1969 werden Abfälle eines Titandioxid-Werkes bei
Nordenham (Wesermündung) mit Spezialtankschiffen in ein 12 bis 17 Seemeilen
nordwestlich von Helgoland gelegenes Gebiet transportiert und dort in das
Schraubenwasser der Tankschiffe eingeleitet. Es handelt sich um täglich 1300 bis
1800 t Abwässer mit 10 Gewichtsprozent Schwefelsäure und 14 Gewichtsprozent
Eisensulfat. Um festzustellen, ob durch die Abwässer irgendwelche Schäden im
Meer entstehen können, wurden in der Zeit von 1967 bis 1975 mit dem VFS
„Gauß" insgesamt neun Fahrten in die Deutsche Bucht unternommen. Die Ergeb
nisse der Untersuchungen wurden veröffentlicht (siehe Abschnitt 4.2.1). Das Ver
dünnungsverhältnis der Abwässer mit Seewasser lag 6 min nach dem Einbringen
bei 1 : 1000, nach 65 min bei 1:10 000, nach 650 min bei 1 : 100 000. Eine ständige
Zunahme der Fe-Konzentration und der Säure-Konzentration (Abnahme des pH-
Wertes) in der Deutschen Bucht konnte nicht festgestellt werden. Offensichtlich
werden die eingebrachten Abfallstoffe weit in die offene See hinaustransportiert.
Außerdem wird die zugeführte Abfallsäure durch das C02-System des Meer
wassers unter Abgabe von COa an die Atmosphäre allmählich neutralisiert.
Ein Nebenprodukt der Untersuchungen war die Entdeckung, daß in der Deutschen
Bucht während der wärmeren Jahreszeit stellenweise sehr hohe pH-Werte (bis
8,50) auftreten. Die dadurch angezeigte kräftige Primärproduktion wird durch die
Zufuhr großer Nährstoff-Mengen aus Elbe und Weser ermöglicht. Während der
Fahrten mit dem VFS „Gauß" wurden Temperatur und pH-Wert kontinuierlich
registriert (Abb. 7).
Abb. 7. Temperatur- und pH-Wert-Registrierung aus dem Gebiet westlich von Helgoland:
Geschwindigkeit des Schiffes 18 km/h. Die pH-Wert-Registrierung zeigt eine ausgeprägte
Feinstruktur, die der wolkenartigen Verteilung des Phytoplanktons entspricht.