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27.128. Jahresbericht des Deutschen Hydrographischen Instituts 1972/73
die Steig- und Falldauer verteilte Zeiten, insgesamt 24, da es zweckmäßig ist,
Tiden, die auf den oberen oder unteren Meridiandurchgang des Mondes folgen,
getrennt zu behandeln. Die erforderlichen Folgen beobachteter Wasserstände
wurden aus stündlichen Ablesungen der Pegelbogen 1951—69 interpoliert, die
zugehörigen meteorologischen Daten aus den 3stündlichen Terminbeobachtungen
der Feuerschiffe. Der mittlere Fehler, mit dem die beobachteten Wasserstände des
19jährigen Zeitraums durch die mittleren Wasserstände und die astronomischen
Ungleichheiten allein dargestellt werden, beträgt zwischen 35 und 38 cm; dabei
gehört der kleinere Wert zum Hochwasser, der größere zum Niedrigwasser.
Nimmt man den Windstauansatz hinzu, so vermindert sich der mittlere Fehler der
Darstellung auf 12 bis 15 cm. Signifikante Reste erweisen sich als identisch mit
den Femwellen, die aus dem Atlantischen Ozean in die Nordsee eindringen,
Aberdeen passieren und Cuxhaven fast unverändert 15 Stunden später erreichen.
Wird die Darstellung der Cuxhavener Höhen auch noch um die Fernwellen kor
rigiert, so sinkt der mittlere Fehler auf knapp 0,1 m.
Daß der Windstau sich von negativen Werten bis zu Sturmfluten in so einfacher
Weise wiedergeben läßt, deutet auf lokale Entstehung und ist eine Besonder
heit der Deutschen Bucht, Wie genau die Vorhersage des Windstaus ausfällt,
hängt fast nur davon ab, wie genau die Wettervorhersage für die Deutsche Bucht
zutrifft. Uber die Wasserstände bei Aberdeen unterrichten die fernschriftlichen
Tide Reports des britischen Storm Surge Warning Service, Bracknell, täglich in
so dichter Folge, daß die Laufzeit der Fernwellen ausgenutzt werden kann. Die
Behandlung der Gezeiten hat sich gelöst von der Vorstellung, sie müßten als
kontinuierliche Schwankung um den mittleren Wasserstand entwickelt werden.
Bei Seichtwassergezeiten konvergiert eine solche Entwicklung sehr schlecht. Die
Höhen, die zu diskreten mitlaufenden Zeitmarken gehören, werden durch die
mittleren Höhen bereits so gut approximiert, daß die verbleibenden kleinen Un
gleichheiten sich bequem entwickeln lassen. Dem gegenüber fällt es nicht ins
Gewicht, daß für jede Zeitmarke eine besondere Entwicklung nötig ist. Das Ver
fahren ist vielfältig abwandelbar und läßt sich auf Gezeiten jeder Form, halb
tägige, gemischte oder eintägige, anwenden. Das Problem der nichtlinearen
Superposition von Gezeiten und Windstau löst sich nebenher.
Eine ausführliche neue Entwicklung des gezeitenerzeugenden Potentials ist in
Arbeit.
Für harmonische Analysen von kürzeren (etwa 15- oder 29tägigen) Beobachtungs
reihen, denen ein Gang überlagert ist, wurden zwei Programme angefertigt. Beim
ersten wird der Gang durch eine Fourierreihe dargestellt. Beim zweiten wird der
Gang durch ein low-pass Filter eliminiert. Mit diesen Programmen wurden vier
telstündige Beobachtungen von Tiefseepegeln für die SCOR/IAPSO/UNESCO
Working Group 27 analysiert. Diese Programme können auch bei der harmoni
schen Analyse von Gezeitenströmen benutzt werden.
Bei Interpolationen und Ausgleichsrechnungen sind Spline-Funktionen nützliche
Hilfsmittel; sie sind schmiegsamer und leichter zu berechnen als gewöhnliche
Polynome. Die erforderlichen Rechenprogramme für Interpolationen und Approxi
mationen mittels kubischen Spline-Funktionen für gleich- und nichtgleichabstän
dige Stützstellen wurden erstellt.