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27./28. Jahresbericht des Deutschen Hydrographischen Instituts 1972/73
Die zeitliche und räumliche Aufnahme der Cs-137-Verteilung gestattete es, den
Einstrom der durch Cs-137 markierten Wassermassen vom Ärmelkanal aus ent
lang der belgischen, niederländischen, deutschen und dänischen Küste weiter
nach Norden zu verfolgen. Vom Skagerrak aus wird die Hauptmenge dieses Was
sers, an der norwegischen Küste vorbei, dem Atlantik zugeführt. Das durch den
Pentland Firth im Norden Schottlands in die Nordsee einströmende Wasser breitet
sich an der englischen Ostküste nach Süden aus und vermischt sich in der südli
chen Nordsee. Die Ausbreitungswege und die Transportzeiten der durch Cs-137
markierten Wassermassen konnten mit Hilfe dieser Untersuchungen annähernd
bestimmt werden. Sie sind für Verschmutzungsfragen von genereller Bedeutung,
da sich im Meerwasser lösliche Verbindungen analog wie Cs-137 ausbreiten.
b) „Meteor"-Fahrten
Die Reise Nr. 27 mit FS „Meteor" führte in der Zeit vom 30. 5. bis 21. 8. 1972
in die Nordsee, die Barentssee, das Nordmeer und den Nordostatlantik. Die in der
Nordsee durchgeführten Arbeiten unterstützten die im vorigen Abschnitt beschrie
benen Untersuchungen. Die radiologischen Messungen in der Barentssee bilden
die abschließende Ergänzung zu den Messungen, die in den Jahren 1961—69 in
diesem Gebiet ausgeführt wurden. Seit 1965 konnten keine wesentlichen Ände
rungen der Sr-90- und Cs-137-Konzentraüonen im Oberflächenwasser beobachtet
werden. Die in der Barentssee herrschenden Aktivitätskonzentrationen sind auch
deshalb von Interesse, weil hier die Nutzfische Köhler und Kabeljau, die auch auf
den deutschen Markt gelangen, heranwachsen.
Infolge außergewöhnlich günstiger Eisverhältnisse konnte das Schiff nordwestlich
von Spitzbergen bis an die Packeisgrenze bei 81°7,7' N Vordringen. Aus nördlichen
Breiten lagen bisher nur sehr wenige Meßdaten über die Konzentrationsvertei
lung des Fallout vor. Deshalb wurden auf einem Schnitt zwischen 81 °N und 50°N
im Abstand von je einem ganzen Breitengrad Wasserproben entnommen, wobei
auf einigen Stationen Vertikalprofile bis in Bodennähe aufgenommen werden
konnten. Die Konzentration von Cs-137 im Oberflächenwasser ist in diesem Ge
biet bemerkenswert konstant. Die Aufarbeitung der Tiefenproben konnte noch
nicht abgeschlossen werden.
In der Irischen See wurden gemeinsam mit Wissenschaftlern des „Fisheries Radio
biological Laboratory, Lowestoft", verbesserte Meßgeräte und Nachweisverfahren
einem Vergleichstest unterworfen. Dieser zeigte eine gute Übereinstimmung der
Meßergebnisse. Die für beide Seiten fruchtbare Zusammenarbeit wird fortgesetzt
und erstredet sich auf den Austausch von Meßdaten und Wasserproben.
Die „Meteor" - Fahrt Nr. 29 diente überwiegend der Klärung von Fra
gen, die in engem Zusammenhang mit der Versenkung radioaktiver und sonstiger
Industrieabfälle stehen. Sie führte u.a. in das Iberische Becken, weil aus diesem
Gebiet von den „Meteor“-Fahrten Nr. 3, 7, 15 und 21 erste Untersuchungsergeb
nisse vorliegen. Auf der gesamten Fahrtstrecke zwischen dem Kanal und den
Azoren wurden Wasserproben entnommen, um die auf der Fahrt Nr. 27 groß
räumig im Nordmeer und Nordatlantik durchgeführten radiologischen Messun
gen weiter nach Süden zu ergänzen.