Die Küste, 59 (1997), 1-26
18
Basis für die klimatologischen Betrachtungen sind simulierte Wassertemperaturen
vom Operationellen Modell des BSH in stündlichem Abstand vom 16. September 1993 bis
15. September 1995. Aus diesem Datensatz - je 17 520 Werte an 60 Orten - werden u. a. eine
Häufigkeitsverteilung (Abb. 6), die Eintrittszeiten der täglichen Temperaturmaxima im Som
merhalbjahr {Abb. 7), der maximale Temperaturhub während eines Tages (Abb. 8) sowie die
Anzahl der Tage, an denen eine Wassertemperatur von 18 °C überschritten wurde (Abb. 10),
abgeleitet.
Derartige Untersuchungen sind nicht nur von meeresphysikalischem Interesse. Die
Wassertemperatur spielt auch eine dominierende Rolle für die Verbreitung mariner Lebens
formen. Die Körpertemperatur der meisten Mecresorganismen ist nahezu identisch mit der
umgebenden Wassertemperatur, die raschen Temperaturwechsel in den deutschen Küstenge
wässern ziehen daher ebenso rasche Änderungen der Körpertemperatur mit komplexen phy
siologischen Folgen nach sich. Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften des Meerwas
sers sind temperaturabhängig, z. B. Dichte, Viskosität und Löslichkeit von Gasen. Damit än
dert sich auch die Geschwindigkeit biochemischer und biophysikalischer Prozesse. Enzyme
sind nur innerhalb bestimmter Temperaturgrenzen aktiv, wobei eher zu hohe Temperaturen
limitierend wirken.
Biologische Kenngrößen wie Biomasse und Wachstumsraten in Phyto- und Zooplank
tonpopulationen wurden mit einem numerischen Modell berechnet und mit langjährigen
Zeitreihcn aus dem Plußsee bei Plön verglichen (Müller-Navarra et al., 1996). Die Dyna
mik der Populationen erwies sich als komplex mit der Wassertemperatur korreliert.
Daß die Entwicklung juveniler Stadien besonders temperaturabhängig ist, ist z. B. für
die Garnele Crangon crangon dokumentiert (Criales u. Anger, 1986). Als weiteres Beispiel
mag die Bestandsdynamik der Phaeocystis globosa („Schaumalge' 1 , Massenform des Watten
meeres) dienen. Im Frühjahr türmen sich gelegentlich durch Wind und Wellen an der west-
Häufigkeitsverteilung der Wassertemperaturen
Anteil an den
Modellwerten
16.09,93 -15.09.95
№
■ 18-20
■ 10*18
■ 14*16
■ 12-14
■ 10-12
■ 8-10
■ 6-8
■ 4-6
□ 2-4
□ 0-2
Abb. 6: Häufigkeitsverteilung der berechneten Wassertemperaturen