Meereskunde
Klimaschwankungen im Nordatlantik. Neue geologische
Erkenntnisse
Modernere Definitionen verstehen unter Kli
ma den mittleren Zustand der Atmosphäre über
einem bestimmten Ort, bezogen auf eine be
stimmte Zeitepoche, mit Rücksicht auf die mittle
ren und extremen Veränderungen, denen die zeit
lich und örtlich definierten atmosphärischen
Zustände unterworfen sind. Diese Definition
weist darauf hin, daß Klimate neben der Regiona-
lität eine interne Variabilität besitzen. Die Proble
matik im Erkennen von Klimaveränderungen liegt
in der Bewertung der inneren Variabilität, wozu
Beobachtungszeiten minimal von der Länge der
- kaum bekannten - Residenzzelten notwendig
sind. Mathematische Modelle simulieren bisher
zeitlich wie räumlich nur relativ grob, da die Para
metrisierung eines Klimas qualitativ, und erst
recht quantitativ, wegen der komplizierten, nichtli
nearen Zusammenhänge schwierig ist. Aus den
oben genannten Gründen sind moderne Daten
reihen zum Verifizieren der Modelle selten. Daher
Ist die Betrachtung fossiler Klimate und deren
Veränderungen von maßgeblicher Bedeutung für
das Verständnis der gegenwärtigen und zukünfti
ger Klimasituationen.
Nach dem gegenwärtigen Stand der For
schung entstehen Klimate aus den Wechselwir
kungen zwischen Ozean, Kryosphäre, Atmo
sphäre und der Konfiguration der Kontinente.
Änderungen in der Konfiguration der Landmas
sen sind bei der hier interessierenden Problema
tik ohne Bedeutung. Die Reaktionszeiten von Eis
schilden liegen (bezogen auf das Gesamtsystem)
in der Größenordnung von Jahrtausenden, im
Ozean bei Jahrhunderten und in der Atmosphäre
bei Jahren. Die natürlichen Ursachen für Verän
derungen sind in der Regel In den zyklischen
Schwankungen der von der Sonne zugeführten
Energie (Insolation) zu suchen. Die Veränderun
gen der Insolation, die nur wenige Prozent betra
gen und von der geographischen Breite abhän-
gen, scheinen aufgrund von Selbstverstärkungen
Im o.g. System (nichtilneare Resonanzen) aus
reichender Antrieb für größere globale Reorgani
sationen zu sein. Etablierte Antriebsparameter
sind die Orbitalzyklen der Erde, nämlich Präzes
sion (ca. 21 000 J.), Schiefe der Ekliptik (ca.
41 000 J.) und Exzentrizität (ca. 110 000 J.). Das
jüngste (Sommer)-Insolationsminimum markiert
den Beginn der Kleinen Eiszeit (13.-19. Jahrh.
n. Chr.), dem kältesten Klimaabschnitt seit dem
Ende der letzten Eiszeit.
Aufgrund des komplexen Zusammenwir
kens von Ozean, Eis und Atmosphäre ist es
schwierig, den Angriffspunkt der Insolation auf
Komponenten dieses Systems zu bestimmen.
Sicher ist nur, daß der nördliche Atlantik eine
wichtige Rolle bei der globalen Ausprägung von
atmosphärischen und ozeanographischen Klima-
ten spielt.
Beiträge des BSH zum Verständnis von Kli
maveränderungen im nordatlantischen Raum re
sultieren u.a. aus sedimentologischen Arbeiten
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