Andererseits gab es vermessungstechnisch ausgebildete Nautiker — zum größten Teil
noch mit einer Ausbildung der Marine im letzten Weltkrieg — nur im DHI. Man wollte
damals wohl alle Ansätze dazu vermeiden, daß die METEOR zu einem Behördenschiff
mit all den behördlichen Verkrustungserscheinungen werden könnte, sicherlich noch in
Erinnerung an den ersten ruhmreichen METEOR, auf der es beim Einlaufen in einen
fremden Hafen geheißen haben soll „Alle Zivilisten unter Deck“.
Bei dieser METEOR gab es dafür eine andere Merkwürdigkeit. Nach der Heimkehr
von längeren Reisen wurde häufig eine Pressekonferenz anberaumt. Der Termin wurde
mehrere Tage vorher festgesetzt, nachdem eine Schätzung des Ankunfttermins vom
Schiff abgegeben worden war. (Solche und andere Entscheidungen fielen häufig in der
vormittäglichen Teerunde beim Chefkoch, die von Wissenschaftlern aus ihrer Sicht mit
Recht kritisiert wurde, weil sie ein inoffizielles Gremium darstellte. Besondere Anzie-
hungskraft besaß dabei der vom Chef zubereitete original ostfriesische Tee. Diese Runde
überdauerte Kapitäne, Chiefs, Fahrtleiter und andere, die gelegentlich daran teilnehmen
durften.) Ob nun mit schlimmsten Gegenwinden gerechnet wurde oder ob die Maschine
bei der Heimreise in schnellere Umdrehungen versetzt wurde, es ergab sich fast jedesmal
eine erheblich kürzere Reisezeit. Folge für das Schiff war — da sich die Pressekonferen-
zen nicht mehr kurzfristig vorverlegen ließen — ein stundenlanges Vor-Anker-Liegen in
der Elbmündung, was natürlich die Stimmung der Besatzung und der Eingeschifften so
kurz vor der Heimkehr auf Null sinken ließ (hier waren sich Reeder- und Nutzerinstitutio-
nen meist einig, weil es um die Publicity beider ging).
Ich selbst habe auch einmal ein gegenteiliges Erlebnis gehabt: Während der Fahrt
Nr. 40b im Februar 1976 zum Reykjanes-Rücken erlitt das Schiff schwere Sturmschäden
(Eingedrückte Wand zum Abfüllraum, verbogener Aufgang vom Arbeits- zum Hub-
schrauberdeck, Decksriß). In Anbetracht dieser Schäden und des anhaltenden Schlecht-
wetters wurde die Fahrt vier Tage früher als geplant abgebrochen, um für die Arbeiten
der Werft Zeit zu gewinnen. Während der Rückfahrt hatten wir vom Reykjanes-Rücken
bis in die Nordsee hinein so starken Gegenwind, daß wir gerade einen Tag früher als
ursprünglich geplant nach Hamburg zurückkehrten. Im übrigen hat gerade diese Fahrt
mein Vertrauen in die Seetüchtigkeit dieses Schiffes enorm gestärkt, weil es dabei
ungewöhnlichen Belastungen durch die Verhältnisse im winterlichen Nordatlantik ausge-
setzt war.
Heute, mehr als 20 Jahre nach Indienststellung, sind die meisten Grundkonflikte mit
gutem Willen aller, die mit dem Schiff und für das Schiff gearbeitet haben, weitgehend
gelöst worden. Im marinen Bereich bestehen entkrampfte Beziehungen zwischen den
Universitätswissenschaftlern und denen der Behörden. Die Wissenschaftler haben den
Unterschied zwischen den Arbeitsbedingungen auf See und an Land in ihre Planungen
einzubeziehen gelernt; sie haben gesehen, daß sich ein Schiff nicht wie ein Auto steuern
läßt; sie konnten beobachten, wie vertraut „einfache“ Matrosen mit physikalischen Ge-
setzen in ihrem Arbeitsbereich sind — auf Grund ihrer Erfahrungen. Andererseits haben
auch die Seeleute erfahren, welche Hilfe und Erleichterung ihrer Arbeit ihnen durch
see-unerfahrene Wissenschaftler und Techniker zuteil werden kann.
Um vieles reicher an Erfahrungen als vor 20 Jahren treten diesmal die Meeresfor-
scher in eine neue Ära der METEOR-Forschungen ein.
Dietrich Voppel
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