„Die IIOE (International Indian Ocean Expedition) und die deutsche Beteiligung
besaßen eine längere Vorgeschichte. Diese begann im Januar 1957 in Göteborg, als auf
einer Zusammenkunft führender Meeresforscher der ozeanographischen Arbeitsgruppe
von CSAGY (Special Committee for the International Geophysical Year) Pläne für eine
intensive Erforschung des Indischen Ozeans erstmals diskutiert wurden. Derartig weitrei-
chende Pläne erschienen damals nicht mehr unrealistisch, hatte doch das Internationale
Geophysikalische Jahr 1957/58 gezeigt, daß in vielen Ländern die Bereitschaft für die
Beteiligung bei der Lösung von globalen Problemen vorhanden war. Im Juli 1957 wurde
in Woods Hole, Mass., auf einer internationalen Zusammenkunft diese Idee weiterge-
führt und die wissenschaftliche Planung einem besonderen Komitee der ICSU (Interna-
tional Council of Scientific Unions), das unter dem Namen SCOR (Scientific Committee
on Oceanic Research) gebildet wurde, übertragen. Die IIOE kam zustande und er-
streckte sich über die Zeit vom 1. September 1959 bis Ende 1965. Im Laufe der Expedi-
tion nahm die Organisation und Koordination einen solchen Umfang an, daß sie 1962 der
neugeschaffenen IOC (Intergovernmental Oceanographic Commission) bei der
UNESCO in Paris übertragen wurde.“ . . . „Die Bereitschaft zur Mitarbeit in der IIOE
war von deutscher Seite von Anfang an vorhanden.
G. Wüst legte 1959 einen Rahmenplan für die systematische Aufnahme des gesamten
Indischen Ozeans vor, und deutsche Wissenschaftler nahmen an Untersuchungen auf
amerikanischen und australischen Forschungsschiffen der IIOE teil. Für einen angemes-
senen Beitrag mangelte es an wichtigen Voraussetzungen, nämlich am geeigneten For-
schungsschiff. „Gauß“ und „Anton Dohrn“, das erste ein Vermessungs- und Forschungs-
schiff, das zweite ein Fischereiforschungsschiff, hatten der Meeresforschung zwar hervor-
ragende Dienste geleistet, u. a. im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1958, aber sie
waren durch Hoheitsaufgaben — Seevermessung und Fischereiforschung — überlastet,
Beide Schiffe waren außerdem nicht für die Tropenfahrt geeignet. Die deutsche Beteili-
gung an der IIOE und an der künftigen ozeanischen Meeresforschung hing also von der
Erstellung eines vielseitig einsetzbaren Forschungsschiffes ab.“.
Wie ein solches Schiff beschaffen sein mußte, pflegte Eugen Seibold in einem
treffenden Vergleich aus der Tierzucht deutlich zu machen: es galt, eine „eierlegende
Woll-Milch-Sau“ zu schaffen! 1965 beschrieb er dies etwas ernsthafter: „Es sollte beson-
ders seetüchtig sein und eine gute Manövrierfähigkeit besitzen, damit auch unter rauhen
Bedingungen Mann und Gerät .messen können. Es sollte bei günstigen Fahrtgeschwindig-
keiten einen so großen Aktionsradius besitzen, daß auch ferne Forschungsziele erreicht
und lange Seetörns möglich werden. Die empfindlichen modernen Meßgeräte verlangen
darüber hinaus Vibrationsarmut, möglichst kleine Rollbewegung, niederen Geräuschpe-
gel. Die heute tonnenschweren geologischen Geräte zur Entnahme von Bodenproben
erfordern kräftige Winden und Kräne und den Einsatz vom ruhigsten Teil aus, also
mittschiffs. Deutschland konnte dazuhin nicht wie die USA oder die UdSSR Dutzende
von Forschungsschiffen ausrüsten. Alle Disziplinen mußten untergebracht werden, von
der physikalischen Ozeanographie bis zur Ichtyologie, von der Meteorologie bis zur
Planktonkunde, von der Meereschemie bis zur Meeresgeologie, von der Mikrobiologie
bis zur Geophysik. Ungestörtes Arbeiten dieser methodisch so verschiedenen Fachrich-
tungen ist aber nur in einer Vielzahl getrennter, aber verwandelbarer Laboratorien
möglich. Diese Grundforderungen machten es unmöglich, wie bisher in Deutschland ein
Vermessungsschiff, ein Kriegsschiff oder einen Fischdampfer umzubauen. Ein neues
Schiff mußte von Grund auf geplant und gebaut werden.“
Doch diese Erkenntnis war erst das Ergebnis einer langen Entwicklung, die sich nur
allmählich, in ungezählten Einzelgesprächen, Sitzungen usw. mit z. T. erregten Debatten
und Kontroversen, vollzog. Alle diejenigen, die in jenen Jahren an dieser Entwicklung
beteiligt waren, werden sich daran erinnern, daß sie einen großen Teil ihrer Arbeitskraft
und -zeit dafür aufwenden mußten. Um nun aber den anderen, die erst später mit dem —
inzwischen fertigen — Schiff zu tun hatten, einen kleinen Begriff von diesem mühevollen