Kartenvertrieb und laufende Richtighaltung der Karten
Dipl.-Ing. Jürgen Sehlz
Zu Beginn des deutschen Seekartenwerkes wurde vom Nautischen Departement
des Hydrographischen Bureaus des Königlich Preußischen Marine-Amtes der Ver-
trieb der Karten an die Firma Dietrich Reimer in Berlin übertragen. Neben dieser
Hauptvertriebsstelle gab es im Jahre 1911 mehr als hundert Verkaufsstellen in der
ganzen Welt. Der Vertrieb der deutschen Seekarten betrug z.B. 2100 Karten im
Jahre 1881 und 82000 Karten im Jahre 1911. Die Flottenpolitik des letzten Kaisers
ließ die Handelsflotte und Marine stark anwachsen. Zum Unbehagen der Nautischen
Abteilung rüstete sich jedoch die deutsche Handelsflotte zum großen Teil mit engli-
schen Seekarten aus. Dies lag u. a. darin begründet, daß das deutsche Seekartenwerk
noch relativ klein und jung war und, im Gegensatz zu den englischen Karten, die für
den Nautiker noch ungewohnten metrischen Tiefenangaben enthielt. Im Jahre 1911
wurden 66% der Karten ausschließlich an die Marine abgeliefert; obwohl der Umfang
der Handelsschiffahrt im Vergleich zur Marine größer war. Diese Abnahmeprobleme
an die Handelsschiffahrt änderten sich jedoch bald mit dem Anwachsen des deut-
schen Seekartenwerkes, so daß im Jahre 1935 allein an die Handelsmarine 52000
Karten abgegeben werden konnten. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurden die Kar-
ten fast ausschließlich an die Kriegsmarine geliefert.
Nach dem 2. Weltkrieg stieg der Absatz der Karten an die neu aufgebaute
Handelsschiffahrt rasch an. In den sechziger Jahren wurden bereits 250000 Karten
abgegeben. Einerseits wurde es möglich, durch moderne Herstellungstechniken bei
der Neuherstellung und Berichtigung der Seekartenoriginale sowie durch neue auto-
matische Vermessungsverfahren die Sicherheit der Schiffahrt durch vermehrte Her-
ausgabe Neuer Ausgaben von Seekarten zu erhöhen. Andererseits entstand durch
die aufblühende Sportschiffahrt ein neuer Kundenkreis, der heute mehr als 50% des
Gesamtabsatzes aller Seekarten abnimmt. Allein von den Karten des Gebietes der
westlichen Ostsee werden mehr als 65% von der Sportschiffahrt gekauft. Bis 1985 ist
die Jahresabgabe auf ca. 300000 Seekarten angewachsen. Während es vor dem Krieg
nur eine Hauptvertriebsstelle gab, die auch die schon gedruckten Seekarten vor
ihrem Verkauf berichtigte, gab es 1985 sieben Vertriebsstellen in der Bundesrepublik
Deutschland und je eine in Dänemark und in den Niederlanden. Neben den Ver-
triebsstellen gab es im gleichen Jahr noch 23 Auslieferungsstellen.,
Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Kartenberichtigung der gedruckten Auflage
vor ihrer Abgabe an die Vertriebsstellen im DHI aktualisiert. Bis 1966 wurden die
Karten je Sendung gemäß den Anforderungen der Vertriebsstellen handschriftlich
berichtigt. Eine rationellere Arbeitsweise beim Berichtigen der Seekartendrucke
wurde durch die Anwendung von Stempeln erzielt. Die Signaturen und Tiefenzahlen
mußten nun nicht mehr mühsam mit der Zeichenfeder gezeichnet werden. Es wurde
nun möglich, von der sendungsweisen Berichtigung auf die Lagerberichtigung umzu-
stellen. Bis Ende der sechziger Jahre konnte der gesamte Lagerbestand von ca.
500000 Karten durch wöchentliche Berichtigung aktuell gehalten werden. Seit 1979
werden umfangreiche Berichtigungen bei sehr hoher Auflage durch Eindruck in die
Auflage berichtigt. Im Jahre 1985 wurden 670000 Karten für den Lagerbestand
aktualisiert und 290000 Karten und 5000 Sportboot-Atlanten an die Vetriebsstellen
abgegeben.