Einfluß der Korngröße auf die Verteilung von CKW in Sedimenten
149
Stattdessen erhöht sich der Anteil der Tonminerale. Sie bestehen aus blatt- und
stäbchenförmigen mineralischen Silikaten, deren Kristalle nie größer werden als 20
gm. Sie dominieren mit abnehmender Korngröße die Tonfraktion; unterhalb einer
Korngröße von 2 gm liegen sie aussschließlich vor. Die wichtigsten Tonmineralien sind
Kaolinit, Montmorillonit und lllit. Die geringe Teilchengröße und Form der
Tonmineralien bedingen enorme relative Oberflächen, 1 g Tiefseeton kann eine
Oberfläche von über 30 m 2 g' 1 enthalten, das Montmorillonit sogar bis zu 150 m 2 g" 1
[364]. Die Porosität von Tonen beträgt bis zu 50 %, bei Sand und Kies dagegen liegt
sie nur bei 30 - 40 %. Dadurch und aufgrund ihrer blättchen- oder stäbchenförmigen
Gestalt haben sandige Sedimente eine Schütt-Dichte von ca. 2 g cm -3 , tonige hingegen
nur ungefähr 1,4 g cm" 3 , obwohl die Dichten von einem Quarz- und einem Kaolinit-
Kristall annähernd gleich sind (ca. 2,6 g cm' 3 , vergl. Kap. 4.6.2) [362].
Die Gründe für die Anreicherung von lipophilen organischen Spurenstoffen in den
Feinkornfraktionen wurden in der besseren Absorptionsfähigkeit von tonischen Mine
ralien für organische Stoffe vermutet [65]. Dies ist wahrscheinlich falsch, denn für
polychlorierte Biphenyle und Pestizide (p,p'-DDT) wurden höhere Verteilungskoeffizi
enten sowohl bei Sediment- als auch bei verschiedenen Tonproben beobachtet [63,
365, 366]. Die Anreicherung von organischen Spurenstoffen ist hauptsächlich auf die
große Oberfläche dieser Mineralien zurückzuführen. Die Adsorption erfolgt nicht direkt
an die Oberfläche des mineralischen Partikels, sondern an einen organischen Überzug
(coating), der sich unspezifisch auf Partikeln bildet. Dieser Überzug ermöglicht eine
Adsorption von lipophilen Verbindungen [82, 367-369]. Deshalb wird das Ausmaß der
Adsorption von organischen Spurenstoffen an Partikeln stark von deren Gehalt an
organischer Matrix beeinflußt (siehe Kap. 3.2). So sanken die Verteilungskoeffizienten
von PCB in Sedimenten deutlich, nachdem die organischen Matrixbestandteile
teilweise durch Behandlung mit Wasserstoffperoxid-Lösung zerstört worden waren
[370]. Auch die (Luft-)Oxidation von anaeroben Sedimenten führte zu einer
Veränderung der Verteilungskoeffizienten von PCB [371]. Die Zersetzung von
natürlichen organischen Stoffen in Sedimenten, speziell von Fetten, bewirkt eine
Reduzierung des Gehaltes an polychlorierten Biphenylen [372, 373]. Dadurch sind
Sedimente nicht nur eine Senke, sondern können auch eine Quelle für lipophile
Schadstoffe sein (Remobilisierung, vergl. Kap. 2.2) [374]. Die genannten Prozesse
beeinflussen nicht die geochemische Zusammensetzung des Sedimentes. Das
teilweise Entfernen organischer Matrixbestandteile aus einem Sediment würde den
lipophilen organischen Spurenstoffen eine höhere Zahl von freien Adsorptionsplätzen
zur Verfügung stellen.