Diese beträchtliche Abkühlung quer über
den Nordatlantik für einen Tiefenbereich von fast
1000 m läßt eine Verminderung der mittleren
Temperaturen, und damit einen verringerten
Wärmeinhalt, erwarten. Dies ist jedoch nicht so.
Werden die Datensätze seit 1957 auf ein ge
meinsames Gitter abgebildet, das heißt stati
stisch vergleichbar gemacht, und dann vertikal
über die Tiefe gemittelt, so sind die Mitteltempe
raturen im westlichen Becken (Abb. 19) in den
Jahren 1993 und 1994 um ca. 0,5 °C höher als
1982, dem kältesten Jahr in den 39 Jahren seit
1957. Im östlichen Becken war 1957 das wärm
ste Jahr, mit Mitteltemperaturen um 4,8 °C, 1982
das kälteste mit 4,6 °C, und 1993/4 liegen dazwi
schen. Die größten Salzgehalte (Abb. 20) finden
sich im westlichen Becken für die beiden Auf
nahmen mit Gauß (1993) und Meteor (1994).
Hier herrschten 1982 die geringsten gemittelten
Salzgehalte. Im östlichen Becken dagegen war
1957 nicht nur das wärmste, sondern auch das
salzreichste Jahr. Der Bereich der tiefen Rand
ströme, besonders am nordamerikanischen Kon
tinentalabhang und beiderseits des Mittelatlanti
schen Rückens, ist deutlich zu erkennen. Auch
sie zeigen eine ihnen eigene Variabilität. Diese
läßt auf einen veränderten Austausch zwischen
den einzelnen Tiefseebecken durch die Rand
stromsysteme schließen.
Diese Betrachtung der mittleren Kenn
größen läßt noch keine klare Aussage über er
höhte Wärme- oder verringerte Süßwassertrans
porte zu. Dafür müssen erst sorgfältige Ge
schwindigkeitsabschätzungen gemacht werden.
Die Daten lassen jedoch eine Kompensation des
Nordatlantik
nach Süden und Osten vordringenden kalten
Labradorsee-Wassers durch erhöhte Zufuhr von
warmen und salzreichen Wassermassen aus
Süden in anderen Schichten, besonders in der
Deckschicht, erklären. Dies läßt sich auch an
den Ergebnissen des Frachtschiffsprogrammes
des BSH erkennen, mit dem seit 1988 monatlich
die räumliche Temperaturverteilung zwischen
dem Kanal und den Neufundlandbänken be
stimmt wird. Vorläufige Ergebnisse weisen in die
gleiche Richtung. Sie lassen einen allmählichen
Anstieg des Wärmeinhalts der Deckschicht zwi
schen 100 m und 700 m erkennen. Hieraus läßt
sich schließen, daß nach einer Phase der erhöh
ten Aktivität des windgetriebenen Subtropenwir
bels bis zum Ende der 80er Jahre jetzt der Sub
polarwirbel intensiver zu werden scheint. Ent
lang des Schnittes sind diese Auswirkungen
deutlich und gleichzeitig zu erkennen. Beide Be
obachtungen deuten auf eine erhöhte thermoha
line Umwälzung der Wassermassen (overturn
ing) im Nordatlantik hin, also den verstärkten
nordwärts gerichteten Transport von warmen
und salzreichen Wassermassen in Oberflä
chennähe, auf deren Absinken in hohen Breiten
und den nach Süden gerichteten Transport von
kalten und salzarmen Wassermassen in der
Tiefe. Diese verstärkte Zirkulationszelle läßt je
doch zur Zeit noch keine Abschätzung des Net
totransports zu.
Der Nordatlantische Oszillationsindex
NAO, ein Maß für die Stärke und den Typ der at
mosphärischen Zirkulation über dem Nordatlan
tik, läßt sich zu einer ersten Begründung dieser
Veränderungen heranziehen. Er zeigt für die
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