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Full text: Jahresbericht 1995

Langfristige hydrographische 
Schwankungen im Nordatlantik 
zwischen 45 und 50° N 
Die Ozeanographie versucht seit knapp 
100 Jahren, die ozeanische Zirkulation und die 
sie beeinflussenden Prozesse zu bestimmen 
und zu beschreiben. Dabei war das Augenmerk 
lange Zeit auf eine erste Erfassung einzelner Re 
gionen gerichtet. Bei einem Anteil von 70% an 
der Erdoberfläche stellen die Ozeane eine allein 
arbeitsmäßig enorme Herausforderung dar, die 
es erst in den letzten 10 Jahren erlaubt hat, aus 
Einzeldarstellungen ein Gesamtbild der globalen 
ozeanischen Zirkulation zusammenzusetzen. 
Mit der Beschreibung des Grundzustandes 
der ozeanischen Zirkulation, die im Weltozean 
für den Transport von Wärme, Süßwasser und 
Stoffen sorgt, geht die Bestimmung der langfristi 
gen, d. h. über die Jahresschwankungen hinaus 
gehenden, Veränderungen einher. Im Klimasy 
stem der Erde, das aus den eng gekoppelten 
Komponenten Atmosphäre, feste Erde, Eis und 
Ozean besteht, treten natürliche Veränderungen 
auf dekadischen Zeitskalen auf. Erst seit kurzem 
können sie anhand geeigneter Daten und eines 
verbesserten Prozeßverständnisses für den 
Ozean bestimmt werden. Im deutschen Beitrag 
zum World Ocean Circulation Experiment 
WOCE beteiligt sich das BSH mit zwei Teiipro- 
jekten an den nordatlantischen Fragestellungen. 
Ergänzend dazu sind diese Untersuchungen ein 
gebettet in eigene Aktivitäten, mit denen diejeni 
Nordatlantik 
gen Größen und eine entsprechende Meßstrate 
gie zu definieren sind, die für die Beschreibung 
des ozeanischen Beitrags zum Klimageschehen 
und zu seinen Veränderungen wichtig und erfaß 
bar sind. 
Der Nordatlantik zeichnet sich im Welt 
ozean dadurch aus, daß er als einziger Ozean 
beide Polarregionen direkt verknüpft. Gleichzei 
tig ist sein polwärts gerichteter, meridionaler Wär 
metransport nicht symmetrisch zu den Haupter 
wärmungsgebieten, dem äquatorialen Gürtel, 
sondern asymmetrisch dazu und damit deutlich 
nach Norden verschoben. Dieser asymmetri 
sche Wärmetransport ist verantwortlich dafür, 
daß in den mittleren und hohen Breiten Europas 
deutlich bessere klimatische Lebensbedingun 
gen, und damit auch eine höhere Bevölkerungs 
dichte, anzutreffen sind als in irgendwelchen an 
deren Gebieten ähnlicher Breite. Veränderungen 
dieses nach Norden gerichteten Wärmetrans 
ports haben deutliche Auswirkungen auf das 
Klima Europas. In der herrschenden Diskussion 
um die Auswirkungen menschlichen Handelns 
auf das Klimasystem sind jedoch die natürlichen 
Schwankungen der Einzelbeiträge nicht ausrei 
chend bekannt, um sie von Veränderungen auf 
grund menschlicher Eingriffe klar unterscheiden 
zu können. 
Zwischen Neufundland und Südirland hat 
der Nordatlantik auf etwa 48° N eine geringe zo 
nale Ausdehnung, durch die Wärme und Süß 
wasser transportiert werden müssen. Außerdem 
liegt hier im langfristigen Zustand die Trennlinie 
zwischen dem Subpolarwirbel in der Labrador 
see und südöstlich Grönlands einerseits und 
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