Meereskunde
und der nördlichen Norwegischen See, unter
dem Einfluß der tiefen winterlichen Konvektion
als Nordatlantisches Tiefenwasser im gesamten
Weltozean, sogar bis in den Nordpazifik hinein,
wiederzufinden sind. Das ausströmende Tiefen
wasser des Arktischen Ozeans wird ober
flächennah durch warmes und salzreiches Was
ser atlantischen Ursprungs ersetzt, das aus den
Ausläufern des Golfstroms und dessen nordwär-
tiger Fortsetzung als Nordatlantischer Strom
stammt. Diese weit nach Norden reichende Zu
fuhr von Wärme aus tropischen und mittleren
Breiten sorgt für die einzigartigen klimatischen
Verhältnisse Nordeuropas; bis Murmansk bleibt
die europäische Atlantikküste selbst in hohen
Breiten eisfrei.
Infolge dieser Wassermassenzirkulation
werden aus dem Küstenbereich Nordeuropas
durch den Austausch zwischen Ozean und
Schelfmeer Schadstoffe, zum Beispiel aus Nord-
und Ostsee, aufgenommen und durch die küsten
nahen Randströme entlang der norwegischen
Küste dem Arktischen Ozean zugeführt. Ent
sprechend war es möglich, die Transportzeit von
durch die Anlage Sellafield radioaktiv kontami
nierten Wassermassen aus der Irischen See
über die Nordsee (drei bis vier Jahre) entlang der
norwegischen Küste (vier Jahre) bis nach Spitz
bergen (fünf Jahre), in die Barents- und die Ka-
rasee (fünf bis sechs Jahre) sowie nach Ost
grönland (sieben bis zehn Jahre) zu verfolgen.
Die entsprechenden Transportzeiten aus der
Wiederaufbereitungsanlage La Hague am Kanal
sind etwa zwei Jahre kürzer.
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Andererseits transportiert der oberflächen
nahe Ostgrönlandstrom kaltes und salzarmes
Wasser polaren Ursprungs in den Nordatlantik.
Ein großer Teil dieses Wassers stammt aus dem
Meereis der transpolaren Drift, das auf den sibi
rischen Schelfen, besonders dem der Laptev
See, gebildet wird und über den Nordpol in das
Ursprungsgebiet des Ostgrönlandstromes ge
langt. Die Transportdauer des Eises innerhalb
der transpolaren Drift wird mit drei bis vier Jahren
angenommen. Damit stellt die Eisdrift einen be
sonders schnellen möglichen Transportmecha
nismus für Schadstoffe aus den sibirischen
Schelfgebieten in den Nordatlantik dar.
Aufgaben und vorläufige Ergebnisse
der Gauß-Reise
Auf der Gauß-Reise 261 sollte zunächst der
Transport von Schadstoffen aus der Nordsee
entlang dem norwegischen Küstenstrom in die
Norwegische See und weiter in die Barentssee
und den Westspitzbergenstrom verfolgt werden.
Hierbei wurden Wasser- und Sedimentproben
zur Analyse auf radioaktive und organische
Schadstoffe aus verschiedenen Wassertiefen bis
3500 m entnommen. Die Wasserproben wurden
mit Spezialwasserschöpfern entnommen. Zwei
verschiedene Greifertypen wurden eingesetzt,
um Sedimente aus Wassertiefen bis 2000 m zu
gewinnen. Die Sedimentproben wurden an Bord
in vertikale Schichten von meist 2 cm Dicke ge
schnitten, um den zeitlichen Eintrag von Schad
stoffen in das Sediment hinein verfolgen zu kön
nen.