Die Umsetzung des SRÜ in nationalen Anweisungen für die Streitkräfte
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tionalen bewaffneten Konflikts. Die wenigen Bezugnahmen auf sicherheits- oder
verteidigungspolitische Aspekte vermögen diesen Mangel nicht zu beseitigen, ma
chen sie doch auch Sinn, wenn sie auf Friedenszeiten beschränkt ausgelegt wer
den. Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß in den drei militärischen
Handbüchern, die nach der Unterzeichnung des SRÜ 1982 verfaßt worden sind,
neutrale Ausschließliche Wirtschaftszonen der Hohen See gleichgesetzt und in das
allgemeine Seekriegsgebiet einbezogen werden. 169
Aus dem Vorstehenden folgt, daß trotz der Bemühungen einiger Staaten, die
(militärische) Nutzung ihrer EEZ durch andere Staaten vollständig oder teilweise
zu unterbinden, jedenfalls nicht von der Existenz eines Verbots der Durchführung
von Seekriegsmaßnahmen in diesen Seegebieten nach Maßgabe des Neutralitäts
rechts ausgegangen werden kann. 170 Daher kommt man nicht umhin, grundsätz
lich an der traditionellen Regel festzuhalten, derzufolge auf der Hohen See, mithin
auch in der neutralen EEZ, Seekriegsmaßnahmen eben nicht "unbedingt unter
169 Canadian Draft Manual, para. 703 Abs. 1: "The general area within which the naval forces of
belligerents are permitted to conduct operations involving the use of force includes: the high
seas (including exclusive economic zones) [...]."
ZDv 15/2, Nr. 1010: "[...) das Gebiet, in dem Seekriegsmaßnahmen [...] durchgeführt werden
dürfen, umfaßt: [...] die Hohe See mit Ausschließlichen Wirtschaftszonen [...]" Nr. 1012:
"Daher können Seekriegsmaßnahmen wie auf der Hohen See grundsätzlich auch in der aus
schließlichen Wirtschaftszone neutraler bzw. nicht am Konflikt beteiligter Staaten durchge
führt werden [...]."
In NWP 9 fehlt es an einer vergleichbaren ausdrücklichen Bestimmung. Die Bestimmung des
neutralen Gebiets in para. 703 umfaßt indes lediglich die inneren Gewässer, die Archipelge
wässer sowie das Küstenmeer. Aus der fehlenden Erwähnung der neutralen EEZ folgt, daß die
USA dieses Seegebiet nicht als vom Schutzbereich des Neutralitätsrechts umfaßt anzusehen
bereit sind. Darüber hinaus wird in para. 1.5.1 klargestellt, daß "in the EEZ all nations enjoy
the right to exercise the traditional high seas freedoms of navigation and overflight, of the
laying of submarine cables and pipelines, and all other traditional high seas uses by ships
and aircraft which are not resource related." Dazu auch H.B. Robertson Jr., The "New" Law of
the Sea (Fn. 22), S. 26; A.V. Lowe, Commander's Handbook (Fn. 46), S. 112.
170 So auch H.B. Robertson Jr., The "New" Law of the Sea (Fn. 22), S. 27: "[...] it seems inconte
stable that, despite the assertions of a few States and publicists, the exclusive economic zone
may be equated to the high seas insofar as the application of the law of neutrality is con
cerned."; ferner E. Rauch, Protocol Additional (Fn. 13), S. 38; A.V. Lowe, Marine Policy 12
(1988), 296; M. Donner, Neutrale Handelsschiffahrt (Fn. 8), S. 146. A.A. Zhu Jianye (VR Chi
na), Address at the Fourth Meeting of the Madrid Plan of Action, Ottawa, September 1992, der
meint: "Since the coastal states have sovereign rights of management and protection of the
natural resources and exploiting installations in their EEZ and the continental shelf, they
must, by all means, eliminate any actions that infringe their lawful rights and are harmful to
their normal exploiting activities. Any tolerance shown to the belligerents conducting hostile
operations in the said areas of the neutral states will certainly lead to conflicts between the
neutral states and the parties of the hostile operations. The logical result of the conflicts will
be the extension of armed conflicts, drawing the neutral states into the war or armed conflicts
that already exist.”