Die Umsetzung des SRÜ in nationalen Anweisungen für die Streitkräfte
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Im amerikanischen Handbuch ist hinsichtlich der Transitdurchfahrt von Kriegs
schiffen bestimmt, daß "belligerent forces in transit may, however, take defensive
measures consistent with their security, including the launching and recovery of
aircraft, screen formation steaming, and acoustic and electronic surveillance." 116
Militärische Luftfahrzeuge der Konfliktparteien sollen dem amerikanischen Hand
buch zufolge zudem berechtigt sein, "[to] engage in activities that are consistent
with their security and the security of accompanying surface and subsurface for
ces." 117 Während der Einsatz von akustischen und elektronischen Sensoren als
eine "normale" Aktivität von Kriegsschiffen und militärischen Luftfahrzeugen ins
besondere während eines bewaffneten Konflikts angesehen werden muß 118 , da
andernfalls ihre Sicherheit vor gegnerischen Angriffen sowohl während der
Durchfahrt als auch beim Verlassen der internationalen Meerenge in unzumutba
rer Weise gefährdet wäre 119 , ist bislang offen, ob die anderen in NWP 9 beschrie
benen Maßnahmen mit dem Recht auf unverzügliche Transitdurchfahrt noch im
Einklang stehen. 120 In Ermangelung einer entgegenstehenden Staatenpraxis wird
man indes auch diese Aktivitäten unter folgenden Voraussetzungen als zulässig
ansehen müssen: Sie dürfen (1) nicht die Sicherheit der Schiffahrt in der Meeren
ge gefährden; (2) nicht eine mit dem See- und Neutralitätsrecht unvereinbare An
wendung bzw. Androhung von Gewalt gegen die Souveränität, die territoriale Un
versehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Meerengenanliegerstaats
darstellen; und (3) nicht eine vom normalen, der zügigen Durchfahrt dienenden
Betrieb erheblich abweichende Maßnahme dar stellen. 121 Insbesondere steht der
Einsatz von militärischen Luftfahrzeugen in der internationalen Meerenge unter
ne NWP 9, para. 7.3.5.
in NWP 9> para 7.3.7 Abs. 1.
118 Dabei handelt es sich nicht um Forschungs- und Vermessungsarbeiten, die gern. Art. 40 SRÜ
1982 ohne vorherige Genehmigung des Anliegerstaates unzulässig sind.
119 Dafür spricht nicht zuletzt auch die Entscheidung des IGH im Korfu-Kanal-Fall, wurde doch
die Durchfahrt der kampfbereiten britischen Einheit nicht als völkerrechtswidrig charakteri
siert; ICJ Rep. 1949, 1 ff. B.A. Harlow, UCLA Pacific Basin L.J. 3 (1984), 51, bemerkt aus der
Sicht des Praktikers: "Because straits are natural 'choke points', no naval commander can
pass through without being prepared to respond to hostile action. In the regime of transit pas
sage, the concept of peacetime transit in the 'normal mode' includes the use of routine defen
sive measures such as air and surface search radar, and sonar. In wartime, the use of such
defensive measures, which do not threaten the coastal state or its resource interests, is made
even more necessary by the heightened potential for imminent attack. Attempts by neutrality
laws to restrict such measures would be highly unrealistic and possibly counterproductive
since they could breed disrespect for the laws in general.”
120 In der Stockholmer Erklärung vom 27. Mai 1938 (Fn. 81) wurde in dem für alle Mitgliedstaa
ten gleichlautenden Art. 8 Abs. 2 die Verpflichtung niedergelegt, daß "[a]ircraft carried on bo
ard belligerent warships shall not leave such vessels while in [...] territorial waters". Diese
Verpflichtung sollte auch in Meerengen gelten, da hinsichtlich der auf Schiffen befindlichen
Luftfahrzeuge keine Ausnahmebestimmungen in die Regelungen aufgenommen wurden.
Dazu bereits D.P. O'Connell, Influence (Fn. 84), S. 103 ff.
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